Baden-Württemberg

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Lehrerproteste gegen Kretschmann-Vorstoß für längere Arbeitszeiten

„'In einer Situation, in der alle am Limit sind, sagt der Ministerpräsident, arbeitet ein bisschen mehr. Das kommt nicht gut an in den Klassenzimmern.' So beschreibt Matthias Schneider, der Geschäftsführer der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), die Reaktion der Lehrerinnen und Lehrer im Land auf eine Äußerung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann.“

Von wb

Kretschmanns Äußerung bezog sich darauf, dass „jede Lehrkraft in Teilzeit eine Stunde mehr unterrichten“ solle. Damit „hätte man umgerechnet zusätzliche 1000 Lehrerstellen mehr, die ich dringend brauche“. Kretschmann rechtfertigt das mit den 9000 Kindern und Jugendlichen aus der Ukraine, die im Land dazugekommen sind. Auch hoffe er auf Verständnis für seinen Vorstoß, angesichts der großen Bereitschaft in der Bevölkerung, den Flüchtlingen zu helfen. Man sei jetzt „in einer schweren Krise“. Da sei allen, auch den Gewerkschaftsfunktionären, angeraten, „von Reflexen abzusehen und nicht das übliche Latein abzuspulen“, so der Ex-Lehrer Kretschmann.

 

Darauf die passende Antwort von Gerhard Brand, Landesvorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung (VBE): „Es ist der übliche Reflex, wenn es brennt, zu sagen, die Lehrerinnen und Lehrer sollen eine Stunde mehr arbeiten. … Es ist die völlige Ignoranz dessen, was an den Schulen in den letzten Jahren alles geleistet wurde.“

 

Die Lehrergewerkschaften lassen sich berechtigt nicht dafür missbrauchen, dass sie für die Folgen des imperialistischen Kriegs in der Ukraine bluten und der Landesregierung bei ihrem Versagen in der Bildungspolitik aus der Patsche helfen sollen. Sie fordern vielmehr schon lange erheblich mehr Lehrerstellen bzw. Ausbildung von Lehrern - gegen die Überlastung und gegen Burnout ihrer Kolleginnen und Kollegen, gegen Unterrichtsausfall und größere Klassen.

 

Der Protest der Lehrergewerkschaften zeigt Wirkung: Kretschmann ruderte bereits zurück, „weil er laut nachgedacht habe“. Doch der Kampf gegen die Abwälzung der Kriegs- und Krisenlasten hat erst begonnen. So kommentiert die Stuttgarter Zeitung: „Aber sicher bleibt der Vorstoß zur Lehrerarbeitszeit nicht die einzige Zumutung, die bei der Aufstellung des nächsten Landesetats erwogen wird.“ (alle Zitate aus: StZ, 27.4.22)