Sachsen
Die AfD und ihre blaue Pest
Anfang Mai hatten die Haushalte in Leipzig wieder das zweifelhafte Vergnügen, die Zeitung der sächsischen Landtagsfraktion der AfD in die Briefkästen zu bekommen. Viele ärgern sich über diese Zeitung namens "blaue Post". Nicht zuletzt, weil sie über Steuern finanziert wird – also von der Bevölkerung und das ungefragt. Im Volksmund heißt die Zeitung deshalb auch "blaue Pest".
Tatsächlich war ich diesmal aber gespannt, wie sich die sächsische AfD zum Krieg in der Ukraine und zu den Waffenlieferungen der Bundesregierung positionieren würde. Immerhin hatte die Bundestagsfraktion der AfD einen wahrhaft beeindruckenden Eiertanz sich widersprechender Statements aufgeführt.
Um es kurz zu machen: Meine Neugierde blieb gänzlich unbefriedigt. Die sächsische Fraktion der AfD brachte es fertig, auf 12 Seiten sowohl Ukraine als auch die Waffenlieferungen nicht ein einziges Mal überhaupt nur zu erwähnen. Die AfD bringt es allen Ernstes fertig, sich zur brennendsten Frage der letzten Wochen einfach auszuschweigen. Fortgeschrittener Realitätsverlust oder die nackte, opportunistische Angst, den Geldgeber aus dem Kreml zu verärgern – man weiß es nicht? Immer für eine Absurdität zu haben, die blaue Post, denke ich und wende mich der sozialen Demagogie dieser Ausgabe zu.
Immerhin zur zweiten zentralen Frage, der Inflation und Teuerung, äußert sich das blaue Blatt. Die Inflation "entwertet die Einkommen der Bürger und führt zur Verarmung der Mittelschicht." Die Arbeiterfamilien, die oftmals schon an der Armutsgrenze oder in Armut leben, interessieren die AfD offensichtlich weniger. Hinzu kommt eine verräterische Ursachenverwischung. Nicht etwa die Konzerne und Monopole werden als Verursacher und Profiteure der Inflation genannt. Nein, für die AfD ist der "einzige Profiteur dieser Entwicklung der Staat", denn "sobald die Preise durch die Inflation steigen, nehmen auch die Steuereinnahmen zu". Das ist nicht falsch, aber zuerst einmal steigen die Profite - und dies noch stärker als die Steuern. Die Unternehmenssteuern sind für die Wegbereiter des Faschismus sakrosankt (unantastbar). Die Unternehmen sollen sogar "bei Bürokratie und Steuern" noch zusätzlich entlastet werden.
Für die "kleinen Leute" möchte die AfD immerhin CO2-Steuer abschaffen. Das wäre sicher nicht verkehrt, dient hier aber vor allem der Tarnung der eigenen Monopolpolitik. Auch in anderen Fragen fährt die AfD-Fraktion strikt den Kurs der Monopolpolitik. So mit einer Kampagne zur Atomkraft: "Kernkraft ist Weiterentwicklung". Ausgerechnet in Sachsen, das von allen Bundesländern auf dem letzten Platz in Sachen Windkraft glänzt, geht das voll am Problem vorbei.
Die große Solidarität, die den Flüchtlingen aus der Ukraine in Sachsen entgegenschlägt, ist für die AfD natürlich Gift. Verdankt sie ihren Aufstieg doch vor allem der Hetze gegen Flüchtlinge, im Windschatten der Rechtsentwicklung von Regierung und bürgerlichen Parteien. In der blauen Pest wird nun nicht mehr pauschal gegen alle Flüchtlinge gehetzt, sondern explizit gegen straffällig gewordene Nordafrikaner. Mit dieser Fokussierung auf vermeintliche oder tatsächliche Kriminelle versucht die AfD, eine Sonderbehandlung nach ethnischer Herkunft durchzusetzen. Aber warum sollen Straftäter unterschiedlich behandelt werden, je nach ihrer Herkunft?
Vor wenigen Tagen flog die AfD in Schleswig Holstein zum ersten Mal wieder aus einem Landtag. Gut so! Aber kein Grund, die Hände in den Schoß zu legen. Die soziale Demagogie, die ökologische Verantwortungslosigkeit und die faschistoide, arbeiterfeindliche Politik müssen weiter intensiv aufgedeckt und attackiert werden.