Leserbrief an die Süddeutsche und Autorenantwort

Leserbrief an die Süddeutsche und Autorenantwort

"Die entschiedensten Kämpfer gegen Militarismus übergangen"

Anna Bartholomé (MLPD) schrieb einen Leserbrief an die "Süddeutsche Zeitung" zu deren Artikel "Der Traum vom Frieden" in der Wochenendausgabe vom 7./8. Mai 2022.

Anna Bartholomé

Anna Bartholomé schreibt

"Beim Versuch einer historischen Einordnung der Friedensbewegung in Deutschland übergeht der Autor, Paul Munziger, geflissentlich (?) die entschiedensten Kämpferinnen und Kämpfer gegen Militarismus und Krieg: Clara Zetkin, Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg und ihre Freundinnen und Freunde. Mit dem Appell der europäischen Sozialdemokratie vor dem I. Weltkrieg: „Kein Arbeiter darf auf Arbeiter schießen“ scheiterten sie an der Burgfriedenspolitik der Führung der SPD und deren Bewilligung der Kriegskredite für das imperialistische Kaiserreich - das übrigens behauptete, gegen die „russische Barbarei“ antreten zu müssen.

 

Die „Spartakisten“ vertraten lange Zeit Minderheitspositionen und wurden dafür verlacht und verfolgt. Die SPD-Führung entzog Clara Zetkin die Chefredaktion der „Gleichheit“. Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg wurden im Gefängnis zur Untätigkeit verdammt. Ihre Losung hieß schließlich: „Krieg dem Krieg!“. Sie traten für den Kampf gegen alle Kriegstreiber ein. Denn Krieg ist nicht gleich Krieg. Und tatsächlich war es die Oktoberrevolution von 1917, die für das revolutionäre Russland den imperialistischen Krieg beendete – mit größten Zugeständnissen im Frieden von Bresk-Litowsk. In Deutschland machte die Novemberevolution ein Jahr später mit bewaffneten Matrosen, Arbeiterinnen und Arbeitern Schluss mit Krieg und Kaiserreich.

 

Und heute feiern wir den 8. Mai als Tag der Befreiung vom Hitler-Faschismus – dank des Kriegs der Alliierten, an dem die damals noch sozialistische Sowjetunion den opferreichsten Anteil trug. Wer wirklichen Frieden will, wird - wenn er Frieden in der Region will - den bewaffneten Kampf des kurdischen Volks gegen den IS und gegen Recep Tayyip Erdoğan befürworten. Sie oder er können den Widerstand der ukrainischen Bevölkerung gegen die barbarische Aggression Russlands unterstützen – und zugleich die kriegstreibende Politik der ukrainischen Regierung und der NATO ablehnen, die den Weg in einen III. Weltkrieg vorantreiben. Das erscheint widersprüchlich und kompliziert. Aber die Welt ist nun einmal kompliziert und widersprüchlich."

Paul Munzinger antwortet

Am gestrigen 10. Mai antwortet der Autor: "Sehr geehrte Frau Bartholomé, vielen Dank für Ihre Nachricht. Ja, Sie haben Recht, der sozialistische Antimilitarismus kommt in meinem Text arg kurz. Der Text sollte sich der Geschichte des Pazifismus widmen und das ist eine etwas anders gelagerte Bewegung. Aber das hätte ich womöglich besser einordnen sollen. Vielen Dank für den Hinweis. Viele Grüße, Paul Munzinger".