Die Krise der deutschen Sektion des Schriftstellerverbandes PEN
Deniz Yücel provoziert Spaltung des Schriftstellerverbands PEN
Die deutsche Sektion des Schriftstellerverbandes PEN (Poets, Essayists, Novellists) führte vor Kurzem seine Jahrestagung in Gotha durch.
Im Mittelpunkt der Tagung stand der PEN-Präsident, Deniz Yücel, der vor ca. zwei Monaten auf dem größten Literaturfestival Europas, der Lit.Cologne, eine Flugverbotszone über der Ukraine forderte. Eine solche Flugverbotszone hätte zur Folge, dass die NATO unmittelbar in den Ukraine-Krieg eingreifen würde, was einem III. Weltkrieg gleichkäme.
Eine solche Forderung stand für viele PEN-Mitglieder im Widerspruch zur eigenen PEN-Charta, in der unter anderem steht:
- „Unter allen Umständen, und insbesondere auch im Krieg, sollen Werke der Kunst, der Erbbesitz der gesamten Menschheit, von nationalen und politischen Leidenschaften unangetastet bleiben.“
- „Mitglieder des PEN sollen jederzeit ihren ganzen Einfluss für das gute Einvernehmen und die gegenseitige Achtung der Nationen einsetzen. Sie verpflichten sich, mit äußerster Kraft für die Bekämpfung jedweder Form von Hass und für das Ideal einer einigen Welt und einer in Frieden lebenden Menschheit zu wirken.“
Dennoch fanden sich auf der Jahrestagung genug Mitglieder, die dafür stimmten, dass Yücel trotz seiner Flugverbotsforderung Präsident bleiben sollte. Die Abstimmung war äußerst knapp (73 zu 75 Stimmen). Sie ist Ausdruck der Polarisierung in der deutschen PEN-Sektion. Eine Seite nimmt den in der Charta geforderten Frieden ernst. Die andere missbraucht das große Wort Frieden, ob bewusst oder nicht, im Sinne der psychologischen Kriegsvorbereitung und des Sozialchauvinismus, um den zwischenimperialistischen Krieg mit Humanität zu rechtfertigen. Demnach sei Frieden dann möglich, wenn der konkurrierende Imperialist, in diesem Fall Russland, militärisch geschlagen wird.
Darüber hinaus ist eine ätzende Streitkultur an der Tagesordnung, von Beleidigungen und Herrscherallüren ist die Rede. Dass Yücel trotz der Bestätigung durch die Mitglieder zurücktrat und den PEN als „Bratwurstbude“ und einige der Mitglieder als „Knallchargen“ bezeichnete, ist nur ein Schlaglicht auf die Krise des PEN. Konkret reicht die Krise im PEN nun so weit, dass nicht nur der Präsident, sondern das gesamte Präsidium zurückgetreten ist. Es sei auch noch eine ungeklärte Frage, ob der PEN sich mehr auf das Literarische oder das Politische konzentrieren sollte – das in der aktuellen Situation und in einem Verein, der politisch verfolgten Schriftstellern helfen will! Deniz Yücel selbst war ja vor zwei Jahren in der Türkei zu einer Haftstrafe von fast drei Jahren verurteilt worden. Bezichtigt wurde er der Propaganda für die kurdische Arbeiterpartei PKK. Eine Welle der Solidarität entwickelte sich; auch die MLPD unterstützte Yücel im Kampf gegen diese Repression und Kriminalisierung. In der aktuellen Herausforderung, aktiven Widerstand gegen Militarismus und Weltkriegsgefahr zu entwickeln oder sich dem Kriegskurs zu unterwerfen, hat er den letzteren Weg gewählt.
Kulturschaffenden, die in solidarischer Umgebung arbeiten und am aktiven Widerstand gegen einen III. Weltkrieg mitwirken wollen, sei die Künstlerplattform im Internationalistischen Bündnis empfohlen. Durch den Kontakt zu anderen Plattformen des Internationalistischen Bündnisses wie der Agrar-, der Mediziner-, der Jugend- und der Arbeiterplattform ist ein hier Kulturschaffender stets eng mit der Arbeiterbewegung und den Massen und ihren Kämpfen verbunden. Ätzende Streitkultur, Abgehobenheit und persönliche Geltungssucht haben da keinen Platz.