Kein Grund zur Panik

Kein Grund zur Panik

Affenpocken - droht eine neue Pandemie?

Sensationslüstern titelt die BILD-Zeitung vor wenigen Tagen: „Kommt jetzt die Affenpockenquarantäne?“ Grund genug, sich ein nüchternes Bild zu machen, statt in Panik zu verfallen.

Von dr
Affenpocken - droht eine neue Pandemie?
Mikroskopische Aufnahme von Affenpocken-Viren (Foto: Pixabay / Geralt)

Das Affenpockenvirus ist seit 1958 bekannt. Die meisten Ausbrüche und Übersprünge auf Menschen finden in Zentral- und Westafrika statt, wo auch das natürliche Reservoir in Nagetieren existiert. Seit Anfang Mai gibt über 150 bestätigte Fälle außerhalb von Afrika in 16 Ländern, allein in Deutschland vier; in Großbritannien, Spanien sowie Portugal über 20. Symptome sind Hals- und Rückenschmerzen, Husten, Schüttelfrost und ein pockentypischer bläschenartiger Ausschlag. Die Inkubationszeit beträgt zwei bis drei Wochen. Infizierte und Kontaktpersonen sollten sich deshalb mindestens 21 Tage isolieren.

Gibt es Medikamente und Impfungen?

Die Erkrankung heilt von alleine aus, nur in wenigen Fälle verläuft sie schwer bis tödlich. Antivirale Mittel zeigten kaum Wirkung und wurden auch nur in sehr geringen Fallzahlen erprobt (Tecovirimat). Das Affenpockenvirus hat eine Kreuzimmunität mit dem Variolavirus (Pockenvirus), das seit 1980 durch die früheren Impfungen weltweit ausgerottet ist. Die Schutzwirkung dadurch liegt bei 85 Prozent.

 

Allerdings haben weite Teile der Bevölkerung keinen Impfschutz mehr, da die Impfungen eingestellt wurden. Eine Impfung, wie sie der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Montgomery, in die Diskussion brachte, ist derzeit nicht sinnvoll, da die Nebenwirkungen sehr hoch und die Verläufe bisher meist mild sind. Der spezifische Impfstoff „Imvanex“ ist bisher nur in den USA zugelassen.

Übertragungswege: Vorsicht vor Stigmatisierung

In vielen der jetzt registrierten Fälle handelt es sich um Männer, die Sex mit Männern haben. Die Affenpocken sind aber keine Krankheit, die durch den Geschlechtsverkehr übertragen wird, sondern durch engen Kontakt.

 

Die Deutsche Aidshilfe warnt deshalb zu Recht vor einer Stigmatisierung homosexueller und bisexueller Männer, wie es damals mit HIV passierte, als die BILD-Zeitung mit „Lustseuche“ gegen sie hetzte. Prof. Norbert Brockmeyer, Experte für sexuell übertragbare Krankheiten, stellte klar, dass vor allem Menschen gefährdet sind, die viele sexuelle Kontakte haben, nicht nur Männer, sondern alle Geschlechter.

Kein Grund zur Panik

Nach derzeitigen Wissen, ist das allgemeine Infektionsrisiko durch das Affenpockenvirus für die Bevölkerung als gering einzuschätzen. Die Erkrankung ist bei Weitem nicht so ansteckend wie Corona. Gefordert werden muss, dass Gesundheitsbehörden und Wissenschaft die Entwicklung aufmerksam verfolgen und ihre Desorganisation und Zersplitterung überwinden.

 

Das Virus scheint sich asymptomatisch (ohne Krankheitssymptome) zu verbreiten, was bisher bei dem bekannten Virus nicht der Fall war. DNA-Viren, wie das Affenpockenvirus sind in der Regel stabiler als RNA-Viren, also auch das Coronavirus. Bisherige vorläufige Analysen der Genome bestätigen das. Wird der aktuelle Ausbruch nicht unter Kontrolle gebracht, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass das Affenpockenvirus noch besser übertragbar wird (Prof. Thomas Mettenleiter, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit).

Systematische Unterschätzung der Zoonosen

Zoonosen, das heißt der Übergang von Erregern auf den Mensch, wie Zikafieber, Mers und Sars häufen sich. Schon 2019 warnte die „London School of Tropical Hygiene and Medicine“, das Affenpockenvirus könne die Nische füllen, die nach der Ausrottung der Pocken entstanden ist.

 

Die zunehmende Zahl an Zoonosen ist Bestandteil der Umweltkrise, insbesondere durch die Zerstörung der Lebensräume von Wildtieren und die Erderhitzung, aber auch durch den globalen Reiseverkehr und Handel. Der Kampf dagegen muss deswegen eng mit dem Kampf gegen die Umweltzerstörung und eine Gesundheitsversorgung für alle weltweit verbunden werden.

Bewusstsein schärfen – Schutzmaßnahmen durchsetzen

Gesunde müssen auf jeden Fall den Kontakt mit Körperflüssigkeiten, Hautkrusten und Tröpfchen von Infizierten vermeiden. Allgemeine Vorsichtsmaßnahmen insbesondere bei Großveranstaltungen und bei Zusammenkünften in Innenräumen, die auch gegen Covid-19 empfohlen werden, bieten einen weitgehenden Schutz vor Ansteckung. Direktes Anhusten muss vermieden werden.

 

Der von der MLPD unterstützte Kampf gegen die unverantwortliche Lockerungspolitik von Monopole und Staat, gegen das Auslaufen von Gesundheitsschutzmaßnahmen gegen Covid-19, ist zugleich ein wichtiger Beitrag, die Ausbreitung der Affenpocken zu verhindern. Weitere Vorschläge dazu sind erwünscht.