Strafverfahren gegen linke Studierende
Fünfmal Einstellung des Verfahrens und ein Freispruch
Fünfmal Einstellung des Verfahrens und ein Freispruch – so endete der skandalöse Strafprozess gegen sechs Studierende der Goethe-Universität Frankfurt. Am 19. Mai standen in Frankfurt sechs Studierende der Goethe-Universität vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft hatte Anklage wegen Verleumdung und Rufschädigung gegen insgesamt acht Studierende erhoben, nachdem der „Antideutsche“ Marcel Lemmer sie angezeigt hatte.
Schon vorher war mit Flugblättern und einer Kundgebung auf dem Campus Westend der Uni die Solidarität organisiert worden. Dabei waren auch der REBELL und die MLPD. Eine Betroffene, die Rebellin Lena, stand bereits im Juli 2021 vor Gericht und wurde freigesprochen – eine Klatsche für Lemmer und die Staatsanwaltschaft. Darüber und den Hintergrund berichtete Rote Fahne News.
Alle Anwälte beantragten eine Einstellung des Verfahrens wegen eines gravierenden Verfahrensfehlers (es fehlte ein rechtzeitiger Strafantrag). Darüber hinausgehend beantragte der Anwalt einer Studentin für seine Mandantin Freispruch. Sie war in dem Zeitraum, in dem sie angeblich verleumderische Flugblätter auf dem Frankfurter Campus verteilt haben soll, nachweislich und aktenkundig zu einem Studienaufenthalt in Armenien. Er kritisierte, dass überhaupt Anklage erhoben wurde. Zumal Lemmer offensichtlich ohne konkrete Beweise zu haben, einfach ins Blaue - nach Gruppenzugehörigkeit - Leute anzeigte.
Marcel Lemmer trat diesmal als Nebenkläger mit seinem Anwalt Dr. Schulz (Kommunalpolitiker der FDP) auf. Sein Anwalt zog die Linie des armen Opfers durch. Wäre er doch öffentlich in Seminaren zur Rede gestellt worden, obwohl er gar nichts mit den Angeklagten zu tun haben wollte. Klar, weil er zu seinen üblen antikommunistischen, sexistischen und rassistischen Schmierereien an der Uni weder Stellung beziehen und sich schon gar nicht entschuldigen wollte (mehr dazu hier). Die Verleumdungsklage wurde mit Flugblättern begründet, in denen er zu Unrecht beschuldigt würde, Studierende mit Migrationshintergrund und Mitglieder bestimmter Studierendengruppen als „komische Menschen“ und „Abschaum“ bezeichnet zu haben.
Auch der Staatsanwalt versuchte Verständnis für Lemmer zu wecken, der sich einer „blöden Situation“ befände, weil er von so vielen „bedrängt“ wurde. Er zielte von Anfang an auf einen Ausgleich, eine für alle akzeptable Lösung an. Das wurde von der Richterin aufgegriffen. Sie schlug nach einer Pause im Einvernehmen mit dem Staatsanwalt und der Nebenklage vor:
die Angeklagten stimmen einer Erklärung zu, dass sie es in Zukunft unterlassen würden, Aussagen zu tätigen, Marcel Lemmer habe Studierende mit Migrationshintergrund und Mitglieder bestimmter Studierendengruppen als „komische Menschen“ und „Abschaum“ bezeichnet,
- das Verfahren wird ohne rechtliche Konsequenzen für die Angeklagten eingestellt,
- die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse.
- Diesem Vorschlag stimmten fünf der angeklagten Studierenden zu.
Direkt danach wurde das abgetrennte Verfahren gegen die sechste Angeklagte eröffnet. Es lag schon eine Bescheinigung des Deutschen Akademischen Austauschdienstes in den Akten, mit der sie nachweisen konnte, dass sie im fraglichen Zeitraum in Armenien studiert hatte und nicht nur dort eingeschrieben war, wie die Richterin zunächst mutmaßte. Auf Nachfragen der Richterin erklärte sie, sich die ganze Zeit dort aufgehalten zu haben und in dieser Zeit auch mit niemanden über Marcel Lemmer geredet zu haben. Mit dem Namen sei sie erst nach ihrer Rückkehr konfrontiert worden. Der Staatsanwalt beantragte dann Freispruch, weil eine Verurteilung mehr Schaden anrichte als ein Freispruch, obwohl letztlich nur die Angeklagte wisse, ob sie tatsächlich die Wahrheit gesagt habe oder nicht. Eine Frechheit angesichts der Tatsache, dass die Bescheinigung vorlag und die Staatsanwaltschaft es nicht für nötig gehalten hatte, durch die Polizei nachermitteln zu lassen. Auch eine Methode, um die dann Freigesprochene zu diskreditieren nach dem Motto: „Irgendwas wird schon hängen bleiben.“
„Herzlichen Glückwunsch zum Freispruch und zur Einstellung der Verfahren. Im Grunde machte die Staatsanwaltschaft einen Rückzieher, nachdem sie bei dem Prozess gegen Lena eine Niederlage einstecken musste. Es sollte auch verhindert, dass die hinter Lemmer und den ‚Antideutschen‘ stehende rechte und spalterische Politik zur Sprache kommt. Sich nicht einschüchtern und spalten zu lassen, ist wichtig in der heutigen Situation, wo jeder als inhuman verleumdet wird, der den herrschenden Sozialchauvinismus nicht mitmacht und sich gegen jede imperialistische Aggression ausspricht“, so eine Zuschauerin nach dem Prozess.
Die Mitarbeit beim Aufbau einer Widerstandsfront gegen die akute Gefahr eines III. Weltkriegs und in den Widerstandsgruppen von REBELL und MLPD ist die richtige Konsequenz aus diesem Prozess. Natürlich muss auch weiter die Solidarität mit der achten Angeklagten organisiert werden.