DKP-Parteitag
Offenbarungseid im Friedenskampf
Am 22. Mai fand der 24. Parteitag der DKP statt – als Online-Konferenz, bei der wegen technischer Probleme Anträge per Telephon verhandelt wurden. Nachdem bei den letzten Bundestagswahlen ihre Zulassung beinahe daran gescheitert wäre, dass der Parteivorstand gesetzlich vorgeschriebenen Formalien der Rechenschaftslegung nicht nachgekommen war, sollte ein solcher Fehler nicht wiederholt werden.
Der Parteivorsitzende, Patrick Köbele, betonte jedoch, dass es sich nicht nur um ein rein formales Treffen handele und entgegen der ursprünglichen Absicht auch politische Anträge der Delegierten zur Abstimmung zugelassen wurden. Diesen ziemlich bizarren Umständen der Veranstaltung entsprachen auch die traurigen inhaltlichen Verlautbarungen der Partei, die sich noch immer vollmundig als „revolutionär“ bezeichnet.
Seine Grundsatzrede¹ begann Köbele mit der Feststellung: „Noch nie seit 1945 war die Gefahr, dass auch dieses Land Kriegsschauplatz wird, so groß wie jetzt ... die Gefahr eines dritten Weltkriegs ist real und die Gefahr eines Atomkriegs ebenso. Deswegen bleibt unsere Hauptaufgabe der Friedenskampf.“ Wer allerdings erwartet hätte, dieser Einschätzung würde eine klare Bestimmung der Strategie und Taktik folgen, und die „revolutionäre“ Partei würde eine revolutionäre Linie vorlegen, der sah sich getäuscht. Für die „Hauptaufgabe“ fehlte eingestandenermaßen eine vereinheitlichte Einschätzung der Ausgangslage, so dass die Zielrichtung des Friedenskampfs im Dunkeln bleiben musste!
„Uneinig waren und sind wir uns hinsichtlich des Krieges auf dem weiteren Territorium der Ukraine“, gab Köbele zu und leistete dann einen peinlichen Offenbarungseid: „Hier geht die Einschätzung von zu verurteilendem Angriffskrieg bis hin zu einer präventiven Verteidigung gegen einen Angriff der Ukraine, hochgerüstet und letztlich politisch dirigiert durch USA und NATO. Diese Frage haben wir nicht geklärt und lassen sie auch im euch vorliegenden Initiativantrag des Parteivorstands offen. Das ist natürlich ein Kompromiss, geschuldet auch der Tatsache, dass erst Recht in Zeiten eines Krieges vieles schwer zu beurteilen ist.“
In Wahrheit liegt die Schwierigkeit jedoch keineswegs in den Kriegsbedingungen, sondern in der neorevisionistischen Weltsicht der DKP-Führung. Das neuimperialistische Russland Putins wird von ihr einerseits als kapitalistisches Land erkannt, teilweise sogar als Imperialismus. Trotzdem sei es heute eine „Friedenskraft“ und wird als Opfer der imperialistischen Konkurrenten USA und EU gesehen. Der Ukraine-Krieg Putins sei daher die legitime Gegenwehr eines schwächeren Landes. Entscheidend ist demnach also nicht, dass es sich um die herrschende Ausbeuterklasse Russlands handelt, den Gegner der Arbeiterklasse, sondern ob es woanders vermeintlich stärkere Ausbeuterklassen gibt?! Die nächste Schwierigkeit liegt in dem Glauben Köbeles, bei dem sozialimperialistischen China handele es sich immer noch um ein sozialistisches Land, das angeblich von Kommunisten geführt werde.²
Deshalb weigert er sich, den Ukraine-Krieg als einen von allen beteiligten Seiten ungerechten imperialistischen Krieg zu verurteilen und teilt die Imperialisten in Täter und Opfer ein: „Das Ziel ist und war es wohl bereits vor dem russischen Angriff Russland zu einem Vasallenstaat, zu einer Halbkolonie zu machen und damit den Weg Richtung China frei zu machen und die VR China gleichzeitig zu isolieren.“
So wird der aktive Widerstand gegen die von allen imperialistischen Mächten betriebene Vorbereitung eines III. Weltkriegs von der DKP-Führung mit ihrer Parteinahme für Russland und China sabotiert. Dem zweifellos vorhandenen Friedenswunsch vieler DKP-Mitglieder wird damit ein Schlag versetzt und es ist deshalb kein Wunder, dass der Parteitag ein so jammervolles Bild abgab! Außer dem defensiven Antrag der Parteiführung, keine endgültige Entscheidung zu treffen, lagen den 174 Delegierten zwei Anträge aus dem Saarland und aus Erlangen vor, die klar für eine Verurteilung Russlands plädierten. Bei der Abstimmung stimmten 127 Delegierte für den Antrag des Parteivorstandes, 25 für den Saarländer und acht für den Erlanger Antrag. Die DKP hat sich damit dafür disqualifiziert, eine aktive Kraft im Friedenskampf zu sein.