Unterschiedlicher Verlauf

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Demonstrationen am 11. Juni – Ringen um die neue Friedensbewegung

Am gestrigen Samstag fand ein bundesweiter Aktionstag gegen Aufrüstung und Krieg statt. In elf Städten waren Demonstrationen der Aktionseinheit „Keine 100 Mrd. für deutsche Kriege“ angekündigt.

Von fh
Demonstrationen am 11. Juni – Ringen um die neue Friedensbewegung
Das war bei der Zukunftsdemo als Auftakt des 20. Internationalen Pfingstjugendtreffens - zustimmendes Hupkonzert bei der kurzen Straßenblockade (rf-foto)

Noch liegen keine vollständigen Berichte vor, aber der Ablauf der Aktionen war offenbar sehr unterschiedlich: Von einer erfolgreichen gleichberechtigten Aktionseinheit mit 250 Teilnehmern in Stuttgart über eine kleine Aktion verschiedener Organisationen in Essen bis zur spalterischen Gewalt gegen MLPD-Genossen in Leipzig.Im Bericht aus Stuttgart heißt es zur Breite der Aktionseinheit: „Verschiedene kurdische revolutionäre Organisationen, die mit ihren Mitgliedern und Familien das Gros der Demonstrantinnen und Demonstranten bildeten und den Krieg von Erdogan in Nordsyrien gegen die Kurden mit zum Thema machten, jüngere Leute aus dem links-anarchistischen Bereich, Vertreter der alten Friedensbewegung und linke Parteien waren dabei. Hier vor allem die MLPD.“

 

Die MLPD war mit Transparent und Fahne gut sichtbar und verbreitete ca. 50 Kampfprogramme gegen den Krieg, verkaufte Broschüren zu den neuimperialistischen Ländern sowie das Buch „Die Krise der bürgerlichen Ideologie und des Opportunismus“. Eine solche gleichberechtigte Beteiligung verschiedener Kräfte ist in Stuttgart ein Erfolg. Weiter heißt es in dem Bericht: „Was die Frage der Organisierung angeht, haben 17 Leute mit ihrer Adresse und Unterschrift die neue Friedensbewegung gestärkt. Insbesondere Aktivisten aus der alten Friedensbewegung hatten hier Bedenken, weil sie meinten, wir würden diese einfach negieren. Aber es ist wichtig, dass möglichst viele dieser Friedenskämpfer aus der Schwäche der bisherigen Friedensbewegung, einseitig USA und NATO ins Visier zu nehmen, Schlüsse ziehen und in der neuen Bewegung ihre Erfahrungen mit einbringen. Noch wichtiger war, dass neun meist jüngere Leute bei einer Widerstandsgruppe aktiv werden wollen.“

 

In Essen sprachen bei einer Aktion von ca. 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmern neben MLPD und REBELL auch Vertreter der Internationalen Jugend und von Young Struggle. Hier wurde zum aktiven Widerstand gegen die Aufrüstung und gegen die Gefahr eines III. Weltkriegs aufgerufen, auch zu den Protesten gegen den G7-Gipfel Ende Juni in Oberbayern. Auch hier wurde für die Widerstandsgruppe geworben.

 

In Leipzig missbrauchte eine Gruppierung namens „Rote Wende“ die bundesweite Aktionseinheit zu einem antikommunistischen Eklat (siehe Korrespondenz dazu). Gekommen waren hier etwa 100 Menschen, die erleben mussten, dass die Anmelder der Demonstration ihren Hauptfeind offensichtlich nicht im deutschen Imperialismus sahen, sondern in der MLPD. Mit aktiver Unterstützung der Landtagsabgeordneten Juliane Nagel (Linkspartei) und in trauter Einheit mit der Polizei wurde die Delegation der MLPD durch körperliche Gewalt an der Teilnahme gehindert. Ein Großteil der Anwesenden war mit dieser skandalösen sektiererischen Vorgehensweise nicht einverstanden.
Die Formierung einer neuen Friedensbewegung gegen die Vorbereitung eines III. Weltkriegs ist kein glatter Prozess, aber unbedingt nötig!

 

Der Krieg in der Ukraine muss gestoppt werden und es ist richtig, wenn in einem imperialistischen Land der Hauptstoß gegen die eigene Regierung gerichtet wird, wie es das Bündnis zum 11.6. gemacht hat. Die gestrigen Demonstrationen sind bereits Bestandteil eines Klärungsprozesses, der auch international stattfindet: Wendet sich der Kampf gegen den Krieg und die Weltkriegsvorbereitung konsequent gegen alle Imperialisten einschließlich der Kriegstreiber im eigenen Land oder lässt man sich den Schneid abkaufen und biedert sich einer der imperialistischen Kräfte an?

 

Als ein Jahr nach Beginn des I. Weltkriegs im Schweizer Dorf Zimmerwald Kriegsgegner aus zehn Ländern zusammenkamen, da waren sie allesamt in ihren Ländern gegenüber einer chauvinistischen Welle in der Minderheit. Und in Zimmerwald wiederum war die revolutionäre Linie Lenins, den Krieg in den Bürgerkrieg umzuwandeln, ebenfalls in einer Minderheitenposition. Aber dieser führte die Auseinandersetzung mit einer messerscharfen Analyse, überzeugenden Argumenten und unerbittlich. Der Formierungsprozess führte am Ende zur Oktoberrevolution in Russland und zur Novemberrevolution in Deutschland. Gegen Leute, die solche Methoden wie geschildert gestern teilweise in Leipzig, muss sich die Friedensbewegung klar positionieren, wenn sie erfolgreich sein will.