Alice Schwarzer befragt Ursula Plassnik

Alice Schwarzer befragt Ursula Plassnik

Österreichische Außenministerin redet wie aus dem Lehrbuch für Neopragmatismus

„Gibt es eine Grenze für die Lieferung von Angriffswaffen?“ Das fragte Alice Schwarzer im österreichischen Fernsehen "ORF" am 5. Mai die österreichische Ex-Außenministerin Ursula Plassnik.

Korrespondenz aus Esslingen

Alice Schwarzer ist eine der Initiatorinnen des Offenen Briefes von 28 Intellektuellen an Bundeskanzler Scholz mit der Forderung: „Keine schweren Waffen an die Ukraine!“ Es war schon ein Wunder, dass sie im Fernsehen zu Wort kam, aber - wie gesagt - im österreichischen. Sie wies darauf hin, dass ihre Forderung von 45 Prozent der Bevölkerung Deutschlands geteilt wird. Inzwischen sind es 55 Prozent. Und dass diese Meinung in den Medien so gut wie nicht vertreten ist. Sie ließ sich auch durch die Unterstellung, dass sie damit für die Kapitulation der Ukraine eintrete, nicht in die Enge drängen. Sie verurteilte klar den russischen Angriffskrieg, ging dann selbst in die Offensive und fragte Frau Plassnik: „Gibt es eine Grenze für die Lieferung von Angriffswaffen“?

 

Frau Plassnik eierte herum. Es sei „eine dynamische Situation“, man müsse „laufend überprüfen“, ... „was kann ich machen.“ Damit endete das Gespräch. Also auf Sicht fahren, pragmatisch entscheiden. Doch dieses pragmatische Auf-Sicht-Fahren ist im Krieg besonders verheerend. Es heißt letztlich: Jedes Mittel ist recht. Es gibt kein Prinzip und keine Grenze. Es war wie ein Lehrbuch über den Neopragmatismus, der im Buch „Die Krise der bürgerlichen Ideologie und des Opportunismus“ treffend als „die Heiligsprechung der Prinzipienlosigkeit“ (S. 64) bezeichnet wird. Wohin das in Sachen Waffen führt, sagte der frühere US-Präsident Dwight D. Eisenhower 1951 in Bezug auf die Atombombe. „Wenn ich damit rechnen könnte, daß ich dabei gewinnen würde, würde ich sie sofort anwenden.“ (Zitat ebenfalls aus diesem Buch, S. 58.)

 

Immer wieder hört man das Argument „Zu einem Weltkrieg, oder gar zu einem Atomkrieg werden die es nicht kommen lassen.“ Das ist eine Täuschung. Damit wird das Wesen des Imperialismus unterschätzt. Es besteht im Streben nach Ausdehnung der Macht, nach Weltherrschaft. Für die Imperialisten zählt der Nutzen in Bezug auf dieses Ziel. Der aktive Widerstand und der Kampf für eine internationale sozialistische Revolution muss auch im Herangehen das Gegenteil von Pragmatismus sein. Er kann und muss perspektivisch sein und auf klaren Prinzipien beruhen.