Auch der Staat ist Preistreiber

Auch der Staat ist Preistreiber

„Entlastungspaket II“ - nicht mehr als eine kurzfristig wirkende Beruhigungspille

Die Regierung ist angesichts der Inflation in großer Sorge. Sie sorgt sich darüber, dass es zu Streiks für Lohnnachschlag, Massenprotesten und aktivem Widerstand kommen könnte, der sich mit dem Widerstand gegen den Kriegskurs verbindet. Diese Sorge ist berechtigt.

Von fh
„Entlastungspaket II“ - nicht mehr als eine kurzfristig wirkende Beruhigungspille
Kämpferische Stimmung bei Warnstreik in der Stahltarifrunde - dort wird auch die Forderung nach einem Lohnnachschlag jetzt diskutiert (rf-foto)

Weniger Sorgen macht sich die Regierung offensichtlich darum, dass die Zahl der Armen in Deutschland rasant zunimmt. Die Konstruktion des „Entlastungspaket II“ verrät, dass es hier um ein Trostpflaster zur Beruhigung der Massen geht und nicht um eine wirkliche Entlastung.

 

Der Staat ist selbst neben den Monopolen der größte Preistreiber. Mit der Inflation wälzen beide die Kosten von Krisen, Aufrüstung und Krieg auf die Massen ab. Bei jedem Einkauf, bei jeder Fahrt an die Tankstelle wird uns ein Zwangsgeld für die Aufrüstung und Kriegsvorbereitung abgezogen. Offiziell steigen die Preise aktuell um 7,9 Prozent, in Wirklichkeit sind es bei Haushalten mit niedrigem Einkommen mindestens 15 Prozent.

 

Eine wirkliche Entlastung wäre die Streichung oder zumindest starke Absenkung der Mehrwertsteuer, die auf alle Waren und Dienstleistungen mit sieben bzw. 19 Prozent erhoben wird. In diese Richtung gehen auch die Forderungen des Sozialverbands VDK.1 Aber genau das lehnt Bundesarbeitsminister Hubertus Heil kategorisch ab. Und der Grünen-Chef Omid Nouripour pflichtet ihm bei: Bei über sieben Prozent Inflation „werden wir nicht alles ausgleichen können.“

 

Können könnte man schon, nur wollen will man nicht. Denn der Staat holt sich besonders über die Mehrwertsteuer seine Schulden von den Massen zurück. Die letzte Steuerschätzung vom 12. Mai ergab höhere Einnahmen von sage und schreibe 220 Milliarden Euro bis 2026.2 Das ist vor allem der Ertrag der Inflation. Im letzten erfassten Monat im April 2022 stiegen die Einnahmen des Staates aus der Mehrwertsteuer um 13,4 Prozent.3 Und das wird sich mit der absehbaren weiteren Steigerung der Inflation weiter erhöhen.

 

Die Maßnahmen der Regierung zielen nicht auf eine dauerhafte Entlastung, sondern auf kurzfristige Beruhigung der Betroffenen. Und das auch nur teilweise. Die Rentnerinnen und Rentner gehen genauso leer aus wie Studierende. Wahrscheinlich ist das Kalkül, dass diese Gruppen nicht streiken können. Eine reale und dauerhafte Verbesserung wird für die niedrigsten Einkommen durch die Erhöhung des Mindestlohns kommen, aber auch mit 12 Euro kommt man nicht aus der Altersarmut raus. Ansonsten gibt es im Wesentlichen Einmalzahlungen und befristete Erleichterungen: Kinderbonus von 100 Euro, eine Energiepauschale von 300 Euro, die Einmalzahlung bei Sozialleistungs-Beziehern wird auf 200 Euro verdoppelt. Die Absenkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe mutiert zur Lachnummer. Die Spatzen pfeifen es von den Dächern, dass die Regierung die Taschen der Ölkonzerne weiter füllt.

 

Rentner werden damit vertröstet, dass ihre Rentenzahlungen ab Juli steigen, allerdings weit unterhalb der Inflationsrate. Zugleich steigt aber der Steuersatz für Rentner ständig an und das Rentenniveau wird weiter bis auf 43 Prozent abgesenkt. So sinkt der Anteil der Rentenausgaben am Bruttosozialprodukt seit 2000 von 10,5 Prozent auf etwa 8,5 Prozent im Jahr 2020. Die Kritik an dem völlig unzureichenden „Entlastungspaket II“ will nicht verstummen, deshalb stellt Arbeitsminister Heil schon neue Trostpflaster in Aussicht: Er will das „Bürgergeld“ - der moderne Name für Hartz IV – um sage und schreibe 40 bis 50 Euro gegenüber dem heutigen Regelsatz anheben. Das sind gerade mal zehn Prozent mehr! Und er will ein „Klimageld“ für Bezieher von Einkommen unter 4.000 Euro einführen. Über die Höhe schweigt er sich aus, und die Grünen sind schon mal dagegen.4 Beide Maßnahmen würden ohnehin erst ab Januar 2023 greifen. Zu diesem Zeitpunkt steigt übrigens die Mehrwertsteuer auf Speisen in Gaststätten wieder von sieben auf 19 Prozent. Und die Nachforderungen fürs Heizen in Höhe von mehreren Tausend Euro werden dafür sorgen, dass bei den Massen die Tassen hochgehen.

 

Die EU-Kommission versucht weiter krampfhaft, die Inflation als eine kurzfristige Erscheinung darzustellen, wo im zweiten Quartal bereits der Höhepunkt erreicht sei. Das ist reine Zweckpropaganda – was ja auch der eigentliche Zweck der bürgerlichen „Wirtschaftswissenschaft“ ist. Laut Tagesschau lagen die Prognosen von 15 Institutionen von Bundesregierung bis OECD für das laufende Jahr zwischen 2,5 Prozent und 6,5 Prozent – also ausnahmslos alle zu niedrig.

 

Um mit dieser Zweckpropaganda fertig zu werden muss man auch eine aktive Haltung gegen den Kriegskurs der Regierung einnehmen: Wir zahlen nicht für euren Krieg! Der aktive Widerstand gegen den Krieg beinhaltet den aktiven Widerstand auch gegen die Inflationsfolgen, und besonders den Kampf um Lohnnachschlag in den Betrieben!