Briefwechsel
Verkürzt und einseitig?
Wir dokumentieren hier einen Briefwechsel zum Hauptartikel im Rote Fahne Magazin 10/2022 zwischen der Redaktion und einem Leser:
Der Leser schrieb an die Redaktion:
Das Kampfprogramm der MLPD „Aktiver Widerstand gegen einen 3. Weltkrieg“ stellt Forderungen zusammen, die sowohl praktisch sind – Mitarbeit in Widerstandsgruppen und Organisationen – als auch theoretisch – Revolution und Sozialismus. Das bietet viele Möglichkeiten, zu diskutieren und gemeinsam zu handeln. Dagegen behauptet der Leitartikel des Rote Fahne Magazins 10 ganz einseitig: „Denn solange die gegenwärtige Phase der beschleunigten Destabilisierung des imperialistischen Weltsystems anhält, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder entwickelt sich daraus ein Weltkrieg oder es kommt zur internationalen sozialistischen Revolution.“ So alternativlos sind gesellschaftliche Entwicklungen nicht zu begreifen und zu beeinflussen!
In ihrer Rede bei der Friedensdemonstration am 8. Mai fragte die Vorsitzende der MLPD: „Was ist die Perspektive? … Wir stehen an einer Scheidelinie: Geht die Welt in einem Dritten Weltkrieg unter oder geht sie nach vorne und erkämpft die vereinigten sozialistischen Staaten der Welt, in denen die Ursachen für solche imperialistischen Kriege für immer überwunden werden?“ Das überzeugt: Um tatsächlich nach vorne zu gehen und die revolutionäre Perspektive zu verwirklichen, reichen „zwei Möglichkeiten“ nicht aus. Die Agitation für Widerstandskomitees gegen Militarisierung und Weltkriegsgefahr und für den Aufbau einer antiimperialistischen und antifaschistischen Einheitsfront muss mehr bieten als ein propagandistisches Entweder-Oder, nicht nur Fernziele, sondern auch praktische Schritte.
Die Rote Fahne Redaktion sollte prüfen, wie der verkürzte und deshalb irreführende Satz in die gedruckte Fassung aufgenommen werden konnte.
Die Redaktion antwortete dem Leser:
Lieber ..., dass es in der gegenwärtigen Phase der beschleunigten Destabilisierung des imperialistischen Weltsystems nur die zwei Möglichkeiten gibt, dass ein III. Weltkrieg ausbricht oder dass es zur internationalen sozialistischen Revolution kommt, entspricht der Einschätzung des Zentralkomitees. Das unterscheidet sich nicht von dem, was Gabi Fechtner in der Rede sagte.
Im Rahmen der jetzigen Phase sind diese beiden Möglichkeiten tatsächlich „alternativlos“. Etwas anderes ist die Möglichkeit, dass diese Phase endet und doch irgendwelche imperialistisch-pazifistischen „Lösungen“ gefunden werden bzw. sie durch einen aktiven Widerstand gestoppt wird. Gabi Fechtner formuliert den obigen Gedanken in der Rede agitatorisch überzeugend. Das ist auch kein Widerspruch dazu, jetzt Widerstandsgruppen und eine Einheitsfront gegen die Weltkriegsgefahr aufzubauen. Sie müssen eine Schule des gesellschaftsverändernden Kampfs sein.
Herzliche Grüße