Leserbrief zum Argument „Getreideblockade in der Ukraine – was tun?" vom 15. Juni

Leserbrief zum Argument „Getreideblockade in der Ukraine – was tun?" vom 15. Juni

"Da habe ich meine Zweifel"

Zu dem Artikel möchte ich einige Anmerkungen machen. Laut Statistischem Bundesamt exportierte die Ukraine 2020 51,1 Millionen Tonnen Getreide (Weizen 18,1 Mio. t, Mais 28,0 Mio. t und Gerste 5,0 Mio. t). In den Medien wird fast nur über Weizen berichtet, der aber nur den kleineren Teil darstellt. Du schreibst, ein Transport des Getreides per LKW sei nicht möglich - wegen der schieren Menge desselben. Da habe ich meine Zweifel. Z. B. wurden 2020 allein in Deutschland 3,1 Milliarden Tonnen Güter per LKW transportiert, das wären mehr als 15 mal mehr als für die 20 Mio. Weizenexport aus der Ukraine notwendig wären. Der Transport via Eisenbahn ist m. E. durchaus ebenso möglich. Das Getreide der Ukraine wächst ja nicht an den Häfen. D. h. auch bisher musste das Getreide per LKW und Bahn in die Häfen transportiert werden.

Korrespondenz aus Saarbrücken

Es wäre m. E. durchaus denkbar, den gleichen Transport an die Grenzen zu machen, anstatt an die Häfen. Das Schienen- und Straßennetz in der Ukraine ist eines der Größten auf der Welt und scheint ja zum größten Teil noch in Ordnung zu sein. Die verschiedenen Spurweiten der Bahnen sind sicher ein Problem. Aber seit 1926 werden Züge von der sowjetischen auf die Spurweite anderer Länder umgespurt.

 

Tatsache ist auch, dass es eine Breitspurlinie (in der Ukraine und anderen ehemaligen Ländern der Sowjetunion werden Breitspurlinien benutzt) zwischen Polen und der Ukraine gibt. Und die Organisation für die Zusammenarbeit der Eisenbahnen OSJD berichtet 2020 von einem Zug, der ohne Umspurung von Xiang, China über Polen in die EU einfuhr. Es gibt auch Umspuranlagen in der Ukraine für Züge nach Polen, Rumänien oder die Slowakei.

 

In mindestens neun europäischen Ländern werden Züge und Waggons für verschiedene Spurweiten umgespurt, für einen Güterzug mit 44 Wagen dauert das z. B. in Cerbére / Frankreich (für den Verkehr mit Spanien) ca. zwei Stunden. Was Du unerwähnt lässt ist, dass LKW mit ukrainischem Getreide nach Rumänien tagelang nicht in die EU hineingelassen werden, nach Polen stehen sie z.T. 19 Tage bis zur Abfertigung! (lt. ARD oder ZDF)

 

Daraus folgt doch: Sowohl die Ukraine, als auch Russland behindern zumindest den Getreidetransport (Angriff Russlands, Verminung der Häfen durch die Ukraine). Die Transportfrage wird zumindest übertrieben, um Russland die Alleinverantwortung für die sich verschärfende Hungerkrise durch den Krieg anlasten zu können. Die EU ist Teil des Spiels, indem Grenzen für den Transport für LKW blockiert werden. Der Transport aus der Ukraine sei „logistisch schlicht unmöglich“. Diese Aussage halte ich für übertrieben. Im Gegenteil müssen wir doch fordern dass alle Möglichkeiten des Transports sofort ausgeschöpft werden müssen. Das muss auch eine Forderung im Friedenskampf werden.