"Konzertierte Aktion"
Verschärfter Kurs der Abwälzung der Krisen- und Kriegslasten
Bei der Generaldebatte des Bundestages Ende Mai kündigte Bundeskanzler Scholz bereits die „ungewöhnliche“ Maßnahme an: „Wir brauchen eine gezielte Kraftanstrengung in einer ganz außergewöhnlichen Situation. Wir wollen eine konzertierte Aktion gegen den Preisdruck", so das Handelsblatt vom 1. Juni 2022.
Am 4. Juli soll das Gespräch mit acht Teilnehmern von Gewerkschaften und Unternehmerverbänden, der Deutschen Bundesbank und des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung stattfinden. (DPA vom 14.6.22) Wie soll es gemeinsame Sache von Arbeitern und Kapitalistenverbänden geben, die unverfroren Arbeitszeitverlängerung auf 42 Stunden in der Woche und eine weitere Erhöhung des Renteneintrittsalters verlangen?
NTV meldet dazu am 26.6.22: „Bundeskanzler Olaf Scholz will einem Bericht zufolge eine steuer- und abgabenfreie Einmalzahlung durch die Arbeitgeber zum Ausgleich für die gestiegenen Energiekosten vorschlagen. … Im Gegenzug sollten die Gewerkschaften bei Tarifrunden auf einen Teil der Lohnsteigerungen verzichten.“ Auch wenn die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi die Ankündigung des Bundeskanzlers begrüßte, ist diese Meinung nicht einhellig: „Es ist ein unglücklich gewählter Begriff. Wenn man einen Blick in die Geschichtsbücher wirft, dann weiß man, dass die konzertierte Aktion Ende der 60er Jahre grandios gescheitert ist.“ Moniert der ver.di Vorsitzende Frank Werneke.
Die Gewerkschaftsführer sehen sich bei steigender Inflation und Druck von der Basis hier wohl in einer Zwickmühle. Bei einem Delegiertentreffen der IG Metall Süd- und West-Thüringen wurde am Wochenende über die Aufstellung der Forderung zur Tarifrunde diskutiert. Die vom Vorstand vorgeschlagene Forderung von 7-8 % ist den Gewerkschaftern von der Basis zu gering. Jeder weiß aus den Betrieben, dass die Inflation in der Tasche der Arbeiterfamilien derzeit mit bestimmt 15 % zu Buche schlägt. Sie fordern Kampf- und Aktionstage und deutlich höhere Lohnforderungen. Die Gewerkschaftsführer dagegen orientieren auf eine Online-Petition „Solidarität gewinnt!“ (https://weact.campact.de/petitions/solidaritat-gewinnt).
Bundesfinanzminister Christin Lindner fordert in einem Interview vom 11.6.22 ganz klar, dass die Massen den Kriegskurs der Regierung bezahlen sollen: „Wir geben ja derzeit nicht so viel Geld aus, weil wir uns teure Wünsche erfüllen, sondern um auf die aktuelle Lage zu reagieren. … Wir werden nicht dauerhaft gegen gestiegene Weltmarktpreise für Energie subventionieren können. Um soziale Sicherheit und Wohlstand zu erhalten, müssen wir Wertschätzung für unternehmerische Ideen, Erfindergeist und Leistungsfreude stärken.“ Da lässt er die Katze aus dem Sack: Die Massen sollen also den Kriegskurs, die höheren Preise durch die Inflation, die Schulden für Kriegskredite an die Ukraine und zur Aufrüstung der Bundeswehr mit dem 100 Mrd “Sondervermögen“ bezahlen.
Gerade die Tarifabschlüsse bei Stahl und ver.di mit ihren verlängerten Laufzeiten bei steigender Inflation machen deutlich: Ein selbständiger Kampf um Lohnnachschlag ist weiter notwendig. Eine staatliche Einmalzahlung ist keine Alternative! Ja, Automobilindustrie und andere leiden z.B. unter der Strukturkrise (E-Mobilität) oder der Logistikkrise (Chipmangel etc.) – aber es leiden doch
vor allem die Arbeiterinnen und Arbeiter, die in Kurzarbeit geschickt werden; die Leiharbeiter, die abgemeldet werden; diejenigen, die auf Dauer ihre Arbeitsplätze verlieren sollen, wie Ford Saarlouis, Continental Waltershausen und viele andere. Die Automonopole, die Stahlmonopole, die Energie- und Rüstungskonzerne sind die Kriegsgewinnler und scheffeln Profite wie noch nie in den letzten Jahren. Eine Einmalzahlung des Staates müssen letztlich die Massen selbst über die Steuern zurückzahlen – die Kriegsgewinnler aber sollen verschont werden? Dafür gibt es kein Verständnis unter den Massen.
Dieser ganze Kurs zur Finanzierung der aktuellen Kriegswirtschaft findet entgegen der Medienpropaganda keine Anhänger – und das ist das eigentliche Problem von Kanzler Scholz und seinen Freunden beim G7-Gipfel … von rosiger Zukunft keine Spur. Auch für SPD-Chef Klingbeil, ist nicht wie im Wahlkampf beschworen Umweltschutz oder Sozialpolitik zuoberst auf der Regierungsagenda, sondern eine Neuausrichtung der Außen- und Sicherheitspolitik. "Friedenspolitik bedeutet für mich, auch militärische Gewalt als ein legitimes Mittel der Politik zu sehen", betonte er und fordert über das beschlossene 100-Milliarden-Vermögen hinaus einen "anderen gesellschaftlichen Umgang" mit der Bundeswehr. Notwendig sei eine "neue Normalität". (zitiert nach SZ, 21.6.22) Deutschland müsse wieder "Führungsmacht" werden, sagt er in einer Grundsatzrede letzte Woche bei einer Tagung der Friedrich-Ebert-Stiftung.
Nein, notwendig ist der Aktive Widerstand gegen den Kriegskurs der Bundesregierung und gegen die Abwälzung der Krisen- und Kriegslasten! Notwendig ist der aktive Widerstand gegen die Weltkriegsvorbereitungen aller Imperialisten. Notwendig ist der Kampf für eine sozialistische Perspektive, die revolutionäre Überwindung von Kapitalismus und Imperialismus.