Spanien
Wut, Verachtung und Protest wegen des Massakers an Flüchtlingen in Melilla
Am gestrigen 1. Juli gingen in Spanien in mehreren Städten Tausende unter der Losung "Schwarze Leben zählen" auf die Straße und protestierten gegen das brutale Vorgehen gegen Migranten in der spanischen Exklave Melilla in Marokko, bei dem 37 Menschen starben.
In Madrid versammelten sich die Demonstranten auf dem Callao-Platz und trugen Schilder mit der Aufschrift "Kein Mensch ist illegal". In Barcelona wandten sich die Teilnehmer der Protestaktion, darunter viele mit afrikanischen Wurzeln, gegen Rassismus und Kolonialismus.
„All die Jahre glaubten wir, dass die Dinge im Namen des freien Waren- und Personenverkehrs ganz einfach wären. Wir mussten jedoch die traurige Wahrheit erkennen, dass dies nur für Waren und nicht für eine bestimmte Kategorie von Personen galt“, schreibt Clariste Soh Moubé in ihrem Buch „Die Falle“, nachdem sie 2004 am Natodraht-Zaun von Melilla verhaftet worden war, als sie nach Europa auswandern wollte. (1)
Der Freundeskreis Flüchtlingssolidarität schreibt: "An diesem Ort verloren am 25. Juni 2022 37 Menschen aus Schwarzafrika ihr Leben, bei dem Versuch, europäischen Boden zu betreten – erschlagen, verletzt liegen gelassen, Menschen, die nichts weiter wollten als ein menschenwürdiges Leben.“ (2; hier die komplette Erklärung des Freundeskreises). Die spanische Guardia Civil und die marokkanischen Behörden arbeiteten dabei Hand in Hand. Ihr Vorgehen war so brutal, dass sogar die UNO eine unabhängige Untersuchung der Vorgänge fordert. Während der sozialdemokratische Ministerpräsident Spaniens, Pedro Sánchez, das Massaker noch als „Verteidigung der Demokratie“ lobte. Dafür erntete er im eigenen Land Wut, Verachtung und heftige Proteste. Früher hatten marokkanische Grenzer noch zugeschaut, wenn Flüchtlinge versuchten, in die spanischen Enklaven und damit nach Europa zu gelangen. Ein Hintergrund der jetzt neuen Zusammenarbeit ist ein Deal: Spanien hat im März 2022 die Hoheit Marokkos über die Westsahara anerkannt, die Marokko 1975 völkerrechtswidrig besetzt und mindestens 170.000 Sahauris vertrieben hatte. Eine 180-Grad Kehrtwende. Denn bisher hielt sich Spanien an die UNO, die eine Volksabstimmung über das Gebiet fordert. (3)
Aber „Melilla“ ist nicht der einzige menschenverachtende Versuch, die „Festung Europa“ zu sichern. Ein Recherche-Team deckte auf, wie die reaktionäre griechische Regierung seit Jahren mit sogenannten Pushbacks an ihren Grenzen Flüchtlinge aus den Kriegs-und Hungergebieten des Nahen und Mittleren Ostens gewaltsam in die Türkei zurücktreibt; nicht wenige werden dabei verletzt oder sterben. Neuerdings lässt die griechische Polizei diese Drecksarbeit noch von Flüchtlingen selbst machen. Sie werden von Mitsotakis' Spezialtruppen eingesperrt und als „Sklaven“ gehalten und müssen zum Beispiel ihre Leidensgefährten über den Ebros-Fluss zurücktreiben – für ein bisschen Essen, ein paar Vergünstigungen ...(4)
Der britische Premier Johnson lässt Flüchtlinge aus Irak, Afghanistan usw., die die gefährliche Überfahrt nach England in kleinen Booten wagen, weil sie dort vielleicht Verwandte haben und auf ein besseres Leben hoffen, neuerdings nach Ruanda mitten in Afrika deportieren. Sollen sie doch dort Asyl beantragen! Ruandas Präsident Kagame, bekannt für seine repressive Herrschaft, lässt sich das erst einmal mit 140 Millionen Euro vergolden, mit Aussicht auf mehr. (5)
Offensichtlich werden bürgerliche Politiker der sogenannten „europäischen Wertegemeinschaft“, die Freiheit und Menschenwürde vor sich her tragen (wenn Kameras in der Nähe sind), immer perfider, wenn es darum geht, ihnen nicht genehme Flüchtlinge loszuwerden. Und die anderen Politiker-Kollegen? Schauen erstmal weg. Das alles zeigt auch die große Angst der Herrschenden. Deshalb stellen sie der Masse der Bevölkerung Migration als Bedrohung hin. Bis zu einem gewissen Grad funktioniert das auch, weil dieses kapitalistische System auf Konkurrenz der Arbeiter und der Massen untereinander setzt, sie gegeneinander ausspielt, um sie besser ausbeuten zu können.
Dagegen stemmt sich eine fortschrittliche Strömung mit den Forderungen der MLPD: „Kampf jeglicher Form von Völkerhetze, Rassismus und Antikommunismus! Für Frieden und Völkerfreundschaft!“ und „Arbeiter gleich welcher Nationalität – eine Klasse, ein Gegner, ein Kampf!“(6) Eine befreite, sozialistische Gesellschaft würde alle fortschrittlichen kulturellen und sozialen Eigenschaften anderer Völker und das Know-how, das Migranten mitbringen, positiv aufnehmen und sich dadurch noch schneller und besser entwickeln.
Die heutige Krise der bürgerlichen Flüchtlingspolitik ist Teil der internationalen Tendenz gesamtgesellschaftlicher Krisen in den meisten Ländern der Welt. Sie ist krasser Ausdruck der Fäulnis des imperialistischen Weltsystems, das es revolutionär zu überwinden gilt. Vorwärts zum echten Sozialismus!
Zum Lesen empfohlen:
Klaus Arnecke, Stefan Engel, „Der Neokolonialismus und die Veränderungen im nationalen Befreiungskampf“, insbesondere Kapitel IV/3 „Die weltweite Flüchtlings-und Auswanderungsbewegung“, Verlag Neuer Weg
Clariste Soh Moubé „Die Falle – heute bin ich stolze Afrikanerin“, Verlag Neuer Weg