Buchbesprechung
Ohnmächtig vor der „MACHT um ACHT“
Die Erwartungen an das Buch „DIE MACHT UM ACHT – Der Faktor Tagesschau“¹ sind hoch. Die meistgesehene Nachrichtensendung hatte 2021 über 11 Mio. Zuschauerinnen und Zuschauer täglich. Als Leitmedium der psychologischen Kriegsvorbereitung brachte sie bis zum 13. Juni allein 1400 Meldungen und 500 Videoclips über den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Außerdem stammt das 2017 erschienene Buch von langjährigen Redakteuren des "NDR" und der "Tagesschau", also aus dem innersten Kreis der Macht.
Zu bekannten Fakten über die Medienkonzerne als „ideologisch-politische Machtzentren des staatsmonopolistischen Machtapparats“ (Stefan Engel. „Der Kampf um die Denkweise in der Arbeiterbewegung“, 1995 mit ausführlicher Analyse) gibt das Buch Einblick in verschiedene konkrete Redaktionsabläufe. Ferner, wie die Autoren seit 2014 über 200 Programmbeschwerden eingebracht haben, mit welchen Methoden der NDR „glattgebürstet“ wurde und wie Anne Will durch angepasste Interviews mit Kanzler Schröder zum 6-Millionen-Euro-Job am Sonntagabend kam.
Richtig ist die Kernaussage der Autoren, dass die Tagesschau nicht „verlässlich, seriös und neutral“ informiert, sondern als „Staatsfunk“ mit der Propaganda der “Westlichen Wertegemeinschaft“ verbreitet „was die Regierung denkt, was die Republik denken soll und was nicht zu denken gewünscht ist“. Die Zensur gegenüber der MLPD und der proletarischen Weltanschauung stört die Autoren allerdings nicht. Informativ ist der Rückblick wie die Manipulation mit Lügen, Halbwahrheiten und Wahrheiten funktioniert: Wie z. B. Im Falle des Jugoslawienkriegs der NATO (O-Ton Kanzler Schröder: „Luftschläge gegen militärische Ziele. ... Wir führen keinen Krieg. … Eine friedliche Lösung im Kosovo auch mit militärischen Mitteln durchsetzen“); wie im Falle des „Afghanistan-Einsatzes“, der erst seit 2010 regierungsamtlich „Krieg“ heißen darf; wie im Falle des Massakers auf dem Maidan in Kiew 2014, wo die Faschisten (Handelsblatt: „Neonazis“) als „regierungtreue Kämpfer“ demokratisch verklärt wurden usw.
Unter dem Deckmantel der angeblich ideologiefreien „neutralen“ Wahrheit verbreiten die Autoren die kleinbürgerlich-sozialchauvinistische Denkweise. Der russische Präsident Wladimir Putin wird zum Opfer der NATO-Aggression, und der imperialistische Charakter Russlands wird geleugnet. Nachdem die völkerrechtswidrige Annexion der Krim 2014 als „Sezession“ gerechtfertigt wurde, war bereits vorprogrammiert, den jetzigen Angriffskrieg zur „russischen Invasion … veranlasst durch den verheerenden Feuerüberfall (Selenskyjs) im Donbas am 16. Februar“2 zu erklären. Dazu wird flugs der Objektivitätsanspruch gekippt, auf dem ihre 200 Programmbeschwerden basierten. Nur mit einem proletarischen Klassenstandpunkt kann Kurs gehalten werden. Ohne Vertrauen in die Urteilsfähigkeit der Massen haben die Autoren vor der MACHT UM ACHT kapituliert und suchen ihr Heil in Beiträgen auf der Querdenker-Plattform „Rubikon“.