Boris Johnson nicht mehr tragbar
Tory-Partei lässt Boris Johnson fallen - er tritt zurück
Boris Johnson warf am 7. Juli 2022 das Handtuch als Parteivorsitzender der reaktionären Tory-Partei, nachdem fast 60 seiner Minister und andere Regierungsvertreter zurückgetreten waren und massiv seinen Rücktritt forderten. Seine Tage als Premierminister sind damit ebenfalls gezählt.
Er habe seinem "Rücktritt als Premierminister zugestimmt", lautete die verschrobene Formulierung in einer offiziellen Verlautbarung am Donnerstag. Ihr Tenor klingt, als ob sie unter vorgehaltener Waffe zustande gekommen wäre. Die schwelende politische Krise in Großbritannien hat sich damit offen zugespitzt.
Mit Mühe hat Johnson vor einigen Wochen ein Misstrauensvotum in seiner eigenen Partei überstanden. Zahlreiche Parteifreunde hatten seine Ablösung gefordert, nachdem ein Skandal nach dem anderen ans Tageslicht gekommen war. So hatte er mit seinen Getreuen ausufernde Parties gefeiert, während der Bevölkerung ein strenger und massenfeindlich organisierter Corona-Lockdown verordnet war. Vergangene Woche brachte die Enthüllung über sexistische Übergriffe eines Parteikollegen, von denen Johnson gewusst hat, das Fass zum Überlaufen. Seine eigene Parteiführung stürzte Johnson. Der offene Kriegs- und Krisenkurs erfordert auch in Großbritannien Politiker, die ihn besser vertreten können als jemand, der zuletzt nur noch als notorischer Lügner, Betrüger, Heuchler, Egomane wahrgenommen wurde. Eine Änderung der Politikrichtung ist von den potenziellen Nachfolgern nicht zu erwarten. Sie sind alle ebenfalls Scharfmacher der Weltkriegsvorbereitung und des Brexit. Viele Tory-Poliitiker fürchten um ihre Wiederwahl 2024. Mit den nie enden wollenden Skandalen und Lügengeschichten an der Downing Street setzte sich in Fraktion und Kabinett schließlich die Überzeugung durch, dass die Situation sich unter Johnson nicht bessern würde.
In Großbritannien kam es vor dem Hintergrund der 2018 ausgebrochenen Weltwirtschafts- und Finanzkrise im Jahr 2020 zum tiefsten Einbruch der Wirtschaft wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Davon hat sich die Wirtschaft nicht erholt. Verschärft durch den Brexit gingen die Exporte nach Abkoppelung vom EU-Binnemarkt um 14% zurück. 2021 blieb die britische Wirtschaft weiterhin unter Vorkrisenniveau.
Der Brexit zielte darauf ab, Großbritanniens eigenständige wirtschafts- und machtpolitische Rolle als eines der größten imperialistischen Länder auszubauen. Im Ukraine-Krieg wurde der militärisch-industriellen Komplex forciert vorangetrieben. Großbritannien ist einer der stärksten Kriegstreiber in der Vorbereitung des Dritten Weltkriegs. Großbritannien ist im Konkurrenzkampf weiter zurückgefallen. Steigende Inflation, die Unterbrechung der Versorgungsketten, der massive Anstieg der Energie- und Rohstoffpreise und die geplanten Steuererhöhungen im Inland vertiefen die krisenhafte Entwicklung. Die Inflation beträgt derzeit offiziell 9%. Mit weiterer Steigerung für den Herbst wird gerechnet.
Diese Entwicklung führt zu massiven Einschnitten in die Lebenslage der Massen über das bisher gewohnte Maß hinaus. Nach Umfrage des Instituts Ipsos drehen zwei von drei Briten die Heizung ab, um Kosten einzusparen. Mehr als ein Viertel der Befragten gab an, wegen ihres knappen Budgets Mahlzeiten auszulassen. Das heißt in einem der reichsten Länder der Welt hungert eine wachsende Zahl Menschen. Als imperialistisches Land steht Großbritannien an fünfter Stelle der „führenden Wirtschaftsnationen der Welt gemessen am nominalen Bruttoinlandsprodukt“ (Quelle: World Bank, Mai 2022).
Dies ist ein Hintergrund, dass über 70% der Menschen die Regierungspolitik der Johnson-Regierung für untauglich halten und fordern, dass die Sozialhilfe erhöht und Entlastungen vorgenommen werden. Seit mehreren Wochen ist die Arbeiterklasse auf den Plan getreten. Mehrere Tage streikten im Juni die Bahnarbeiter und setzten dies fort, auch nachdem die Regierung androhte, die gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen für den Einsatz von Leiharbeitern als Streikbrecher im Fall eines Streiks. Es entwickelte sich Solidarität und die Streikwelle weitet sich aus auf Bahnangestellte, Rechtsanwälte, Feuerwehrleuten, Ärzte, Postangestellte, Lehrer, Krankenschwestern, Beamte, Gemeindeangestellte bis zu Ingenieuren der britischen Telekom. Beim Protest der Rechtsanwälte, die gegen einen Reallohnverlust von bis zu 28% seit 2008 kämpfen, einen Streik durchführten und höhere Löhne fordern, solidarisierten sich die Transportarbeiter. Sie trugen ein Transparent: das „die Ablösung des kapitalistischen Systems durch eine sozialistische Gesellschaftsordnung“ fordert. Trotz Hetze gegen die Streiks durch die bürgerlichen Massenmedien unterstützte die Mehrheit der Menschen, über 70% den Streik der Bahnarbeiter - bis zu 38% der Tory-Wähler.
Es ist die vordringlichste Aufgabe der Arbeiterklasse in Großbritannien, in Verbindung mit den Kämpfen eine marxistisch-leninistische Partei aufzubauen mit dem echten Sozialismus in vereinigten sozialistischen Staaten der Welt als Perspektive.