Iran
In einem Jahr mehr als 4000 Arbeiterkämpfe!
Beim heutigen Webinar der internationalen Einheitsfront „Machen wir den Hiroshima-Tag, den 6. August, zu einem internationalen Kampftag!" hielt Nosrat Taymoorzadeh, Mitglied des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Irans, einen Diskussionsbeitrag über die Entwicklung im Iran. Wir freuen uns, dass "Rote Fahne News" den Beitrag mit seiner Zustimmung hier dokumentieren kann.
Die USA versuchen seit Jahren, das Regime der Islamischen Republik durch regionalen Druck und Sanktionen mit ihrer Politik in der Region in Einklang zu bringen. Trotzdem wissen wir, dass es zwischen den Ländern der Region keine Angleichung gibt. Zum Beispiel hat Katar enge Beziehungen zum Iran und Vertreter der Vereinigten Staaten und des Iran haben über den Atomvertrag mindestens zweimal in Doha, der Hauptstadt von Katar, verhandelt. Gleichzeitig haben sich im vergangenen Jahr, unter Vermittlung der irakischen Regierung, die Vertreter des Irans und Saudi-Arabiens dreimal im Irak getroffen.
Die gleichzeitige Reise von Putin und Erdoğan nach Iran sollte auch im Rahmen globaler und regionaler Wettbewerbe betrachtet werden. In Bezug auf die Situation der Islamischen Republik Iran will ich sagen, dass sie in der Region jeden Tag stärker isoliert wird. Nicht nur durch das Bündnis Israels mit den Ländern der Region, sondern auch durch die Protestbewegungen im Irak und im Libanon, die sich gegen die Präsenz von Kräften richten, die mit der Islamischen Republik Iran in diesen beiden Ländern verbunden sind.
Die strukturelle Krise der iranischen Wirtschaft hat sich in den letzten vier Jahrzehnten vertieft, insbesondere mit dem Rückzug der Vereinigten Staaten aus dem „Atomvertrag“ im Jahr 2018 und den genehmigten Sanktionen. Vor den Sanktionen exportierte der Iran täglich fast zwei Millionen sechshunderttausend Barrel Öl. Jetzt hat es sich auf 400 000 bis 600 000 Barrel reduziert, die normalerweise billiger auf dem Schwarzmarkt verkauft werden, als auf dem internationalen Markt.
Es gab dieses Jahr zwei grundlegende Punkte im Budget der Regierung. Abschaffung der bevorzugten Währung (4000 Toman je Dollar), während der Dollar sechs- bis siebenmal mehr in Banken gekauft und verkauft wird, der für den Import von Grundgütern wie Medikamenten, medizinischem Bedarf und andere Artikel, nämlich Weizen, Gerste, Mais, Speiseöl und Ölkörner reserviert war. Die Kürzung löste sofort eine riesige Inflationswelle aus. Die aktuelle Inflation liegt zwischen 55 und 130 Prozent und zweitens wurde das Budget der Revolutionsgarde um 245 Prozent erhöht.
All diese Faktoren schaffen Bedingungen für massive Proteste. Im letzten Jahr, nämlich von März 2021 bis März 2022, hatten wir mehr als 4.000 Arbeitskämpfe, von Industriearbeitern in den Sektoren Öl, Gas, Petrochemie, Stahl und Zuckerrohr in Haft Tape bis hin zu landesweiten Protesten von Lehrern, von Rentnern bis zu LKW-Fahrern, von Krankenschwestern bis zu Regierungsangestellten, von Frauen bis zu Studenten. In einigen Fällen, wie den Streiks der Öl-, Gas- und Petrochemie-Arbeitern, fanden diese Streiks gleichzeitig an mehr als 115 Orten statt; oder 6.000 Arbeiter der Rohrzuckerfabrik Haft Tape streikten in ihrem letzten Kampf mehr als 90 Tage. Zu diesen Protesten müssen wir auch die städtischen Aufstände des vergangenen Jahres hinzufügen, die gegen Wassermangel, Preiserhöhungen und Armut in mehr als 36 Städten stattfanden.
Um mit dieser Situation fertig zu werden, hat das Regime auf das einzige Element zurückgegriffen, das es beherrscht, nämlich Repression. Seit dem 1. Mai dieses Jahres hat eine breite Verhaftungswelle von Arbeiteraktivisten, Lehrern, Rentnern, Schriftstellern, Künstlern, Studenten, Frauen und Umweltaktivisten begonnen. Inzwischen sitzen Hunderte von ihnen in Gefängnissen. Trotz heftigen Repressionen und Verhaftungen haben Angst und Schrecken ihre Wirkung weitgehend verloren. Bei all diesen Protesten, Streiks und städtischen Aufständen werden nicht nur gewerkschaftliche Forderungen erhoben, sie richten sich gegen die Privatisierung von Fabriken, gegen Subunternehmen, gegen die Privatisierung von Bildung und Erziehung. Besonders städtische Unruhen schließen immer mit den Parolen „Tod den Raissi“, „Tod den Khamenei“, „Nieder mit dem Diktator“.
Zum Schluß möchte ich sagen , dass sich die Gesellschaft mit hoher Geschwindigkeit auf revolutionäre Bedingungen zubewegt. Aber es gibt immer noch zwei grundlegende Mängel: Es gibt keine landesweite Führung, die Arbeitskämpfe und Massenrevolte miteinander verbindet und zweitens, keine unter den breiten Massen verankerte kommunistische Partei, die diese Kämpfe zusammenführen und anführen kann. Als Kommunistische Partei Irans setzen wir unsere ganze Kraft ein, um diese beiden grundlegenden Mängel zu überwinden. Sowohl allein als auch in Kooperation mit anderen linken und kommunistischen Parteien und Organisationen und im Bündnis mit demokratischen und fortschrittlichen Menschen.