Kulturfestival im Zillertal

Kulturfestival im Zillertal

Jägerstätter: Theaterstück würdigt standhaften Antimilitaristen

Im diesjährigen Sommerprogramm des Kulturfestivals im Zillertal wurde das Theaterstück „Jägerstätter“ aufgeführt. Ob es bewusst auf die Entwicklung mit dem Ukraine-Krieg geplant war wissen wir nicht. Aber es war hochaktuell. Der Text stammt von dem in Österreich bekannten Film- und Theaterautor Felix Mitterer.

Urlaubskorrespondenz von wr
Jägerstätter: Theaterstück würdigt standhaften Antimilitaristen
Szenenfoto (rf-foto)

Der oberösterreichische Bauer Franz Jägerstätter wurde 1943 wegen Wehrkraftzesetzung zum Tode verurteilt und am 9. August in Brandenburg enthauptet.

 

Mit historischer Detailtreue entfaltet das Stück eine sich fulminant steigernde Widersprüchlichkeit, die in der Hinrichtung endet. Der tiefgläubige Jägerstätter geht als junger Mann keiner Wirtshausrauferei aus dem Weg, ist aber in seinem Wesen ein hilfsbereiter und pazifistisch eingestellter Mensch. Bei der Volksabstimmung über den Anschluss Österreichs an das faschistische Deutsche Reich gab er die einzige Nein-Stimme in seinem Ort ab. Er wolle mit diesen Verbrechern (den Nazis) nichts zu tun haben. Gegen die faschische Volksgemeinschafts- und Burgfriedenspolitik hält er den Nazi-Anhängern entgegen: „Ich verstehe euch nicht … Wir sind Freunde, gute Nachbarn, die immer einander aushelfen, fast alle sind wir irgendwie miteinander verwandt. Und alle gehen wir am Sonntag in die Kirche. Und jetzt sagt ihr ja zu einem Mann, der den Krieg vorbereitet.“

 

Wiederholt kommen ihm Zweifel an seiner Entscheidung auf, aber er ringt sich immer aufs Neue durch. Er holt sich Rat bei den Kirchenoberen, geht zu einer Audienz beim Bischof von Linz. Dieser putzt ihn herunter, es sei Pflicht jedes Christen, seinem Staat zu dienen. Jägerstätter entgegnet ihm: „Wir sind doch alle Kinder Gottes. Sagt das nicht die Kirche? Sagt das nicht unser Glaube? Und so beten die Deutschen zu Gott um den Sieg, und die Franzosen beten um den Sieg, und die belgischen, holländischen und englischen Katholiken auch. Wen erhört Gott?“

 

Am 1. März 1943 erhielt er die Einberufung zur Wehrmacht nach Enns und verweigerte dort den Kriegsdienst. Er wurde verhaftet. Zahlreiche Freunde und auch seine Frau Franziska reden ihm zu, die Verweigerung zurückzunehmen und sein Leben zu retten. In der Gefängniszelle gibt ihm sein Anwalt, ein höherer Wehrmachtsoffizier, den Rat, sein unnützes Verhalten aufzugeben. Er könne ja daneben schießen, wenn der keine Menschen töten wolle. Selbstherrlich will er ihm die Leviten lesen: Kleine Leute könnten sowieso an der Geschichte nichts ausrichten, dazu seien bereits höhere kompetente Kräfte am Werk. Damit spielte er auf die Verschwörerkreise innerhalb der Generalität in der Wehrmacht an. Das Theaterstück lässt am Schluss auf der Bühne Franz seiner Frau Franziska gegenübertreten und beide ihre letzten Briefwechsel vor der Hinrichtung vortragen.

 

Franziska übelebt ihren Mann 70 Jahre. Sie hat bis zu ihrem Tod 2013 mutig die Entscheidung ihres Mannes mitgetragen und öffentlich verteidigt. Noch Jahrzehnte nach dem Krieg wurde Jägerstätter in seiner Heimatgemeinde von vielen als „sturer Bauer“, als Feigling, Verräter und „Bibelforscher“ denunziert. 2007 rang sich Papst Benedikt schließlich auf öffentlichen Druck durch, dass ihn die römisch-katholische Kirche selig sprach.