Großbritannien

Großbritannien

Trauert „die Welt“ um Queen Elizabeth II. ?

Am 8. September starb Königin Elizabeth II. im Alter von 96 Jahren auf ihrem schottischen Landsitz Schloss Balmoral. Das Staatsbegräbnis ist für 19. September geplant.

bs/Rote Fahne

Am 9. September veröffentlichte Rote Fahne News einen ersten kurzen Nachruf: "Zum Tod von Queen Elizabeth II."

 

Eine Sondersendung jagt die nächste. Und Olaf Scholz, Friedrich Merz oder Bundespräsident Frank-Walter Steinmaier ergingen sich in schwülstigen Trauerbekundungen. Der gestern anstehende Spieltag der Premier Leage in England wurde abgesagt. Die am längsten regierende Monarchin in der britischen Geschichte produzierte selbst kaum Skandale, was für die Windsors und andere europäische Adelshäuser schon sehr außergewöhnlich war. Mick Jagger von den Rolling Stones sagte: „Sie wurde von der schönen jungen Dame zur sehr geliebten Großmutter der Nation.“(1) 

 

In Wirklichkeit war sie Repräsentantin einer der aggressivsten imperialistischen Mächte. Queen Elizabeth II. galt als eine der reichsten Frauen Großbritanniens und repräsentiert damit in besonderer Weise die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich. Hervorgegangen aus dem alten barbarischen Kolonialismus war sie auch das „Haupt des Commonwealth, ein Staatenbund aus der Erbmasse des Kolonialreichs, dem 56 Staaten angehören.“ (2) Großbritannien ist eine Atommacht mit einem ständigen Sitz im UN Sicherheitsrat, gehört zu den G7-Staaten und damit zu den stärksten imperialistischen Mächten.

 

Melissa Murray, eine jamaikanisch-amerikanische Professorin an der New York University School of Law, sagte, der Tod der Königin "wird die Debatten über Kolonialismus, Wiedergutmachung und die Zukunft des Commonwealth beschleunigen", da "die Überreste des Kolonialismus das tägliche Leben in Jamaika und anderen Teilen der Karibik überschatten". Zahlreiche Beobachter erinnerten daran, wie das britische Empire Indien im Laufe von zwei Jahrhunderten Kolonialismus, der Millionen von Menschen das Leben kostete, rund 45 Billionen Dollar raubte und wie der Kohinoor - einer der größten geschliffenen Diamanten der Welt mit einem geschätzten Wert von 200 Millionen Dollar - aus Indien gestohlen wurde, um ihn in die Krone der Königinmutter einzusetzen. Ein indischer Historiker twitterte: "Es gibt nur 22 Länder, in die Großbritannien im Laufe der Geschichte nie einmarschiert ist." "Britische Schiffe transportierten insgesamt drei Millionen Afrikaner als Sklaven in die Neue Welt", schrieb er. "Ein Imperium, das Elend und Hungersnot nach Asien und Afrika brachte. Keine Tränen für die Königin. Keine Tränen für die britische Monarchie."

 

Auch nach dem Brexit blieb Großbritannien in der NATO, suchte eine engere Zusammenarbeit mit den USA und ist einer der bedeutendsten Lieferanten schwerer Waffen an die Ukraine und damit aktiver Vorbereiter eines Dritten Weltkriegs. Großbritannien zeichnet sich durch eine äußerst reaktionäre Flüchtlingspolitik aus und befindet sich in einer wirtschaftlichen und politischen Krise.

 

Zuletzt musste Boris Johnson nach seinen Partyaffairen abtreten. Die letzte Amtshandlung, zwei Tage vor dem Tod der Queen, war die Vereidigung von Liz Truss als Nachfolgerin. Diese unterscheidet sich programmatisch nicht substantiell von Boris Johnson. In Großbritannien selbst wächst in Folge der rasanten Inflation die Armut. Kämpfe der Hafenarbeiter, der Transportarbeiter und der Postangestellten sind auch international ein Signal des Kampfs gegen das Abwälzen der Kriegs- und Krisenlasten. Scheinbar hielt sich die Queen aus diesem Tagesgeschäft raus. In Wirklichkeit war sie für die Herrschenden wertvoll, um die Krisenhaftigkeit des imperialistischen Weltsystems zu überspielen.

 

Eine englische Gewerkschafterin erklärte gegenüber Rote Fahne News: "Die britische Monarchie ist ein Anachronismus, ebenso wie der britische Imperialismus und sein Festhalten an dieser Ideologie durch das so genannte Commonwealth. Wir befinden uns in einer Situation, in der die Arbeiterklasse beginnt, die Regierung zu bekämpfen. Die Streiks wurden für kurze Zeit ausgesetzt, aber nicht abgesagt. Wir müssen den Schwung wieder aufbauen. Wir haben einen Winter der Unzufriedenheit vor uns, also werden wir tapfer sein und unseren Kampf fortsetzen. Die britische Arbeiterklasse hat die Widersprüche zwischen den Klassen immer verstanden und hat immer gekämpft, und das seit Jahrhunderten. Der Kapitalismus ist in der Krise, wir haben uns dagegen gesteigert bzw. gestärkt."

 

Die Queen nahm eine wichtige Rolle im System der kleinbürgerlichen Denkweise als Regierungsmethode ein. Weltweit sind bürgerliche Zeitschriften, Magazine, das Internet voll vom Leben der Königshäuser. Die Massen sollen sich damit beschäftigen, was in und um die Königshäuser passiert. Die Queen wurde so auch als Vorbild für Frauen inszeniert. Doch echte Vorbilder für die Frauen und Mädchen sind nicht Königinnen, sondern die kämpferischen Frauen der gerade zu Ende gegangenen Weltfrauenkonferenz der Basisfrauen in Tunis.