"Leistungsgedanke" werde untergraben
Monopolverbände gegen Bürgergeld und EU-Mindestlöhne
Mit dem Bürgergeld und dem Rahmen für Mindestlöhne untergraben Bundesregierung und EU den Leistungsgedanken, so deutsche Monopolverbände.
Laut dem Gesetzentwurf von Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil (SPD) soll beim Bürgergeld der Regelsatz für alleinstehende Erwachsene von 449 auf 502 Euro im Monat steigen. Und das EU-Parlament wird voraussichtlich eine Richtlinie für Mindestlöhne beschließen, für die der CDU-Sozialpolitiker Dennis Radtke federführend war.
Die Wirtschafts- und Monopolverbände schießen dagegen aus allen Rohren - so, als stünde der Sozialismus vor der Tür. Dabei ist die Anhebung der Hartz-IV-Sätze und ihre Umbenennung in ein Bürgergeld alles andere als besonders sozial, angesichts der Preisexplosionen, die arme Menschen besonders hart treffen.
Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer befürchtet: „'Am unteren Ende verschwimmen immer mehr die Grenzen zwischen regulärer Arbeit und dem Bürgergeld'. All dies werde 'dazu führen, dass sich für mehr Menschen als bisher das Nicht-Arbeiten mehr lohnt als das Arbeiten'“. [1] Bettina Kohlrausch, vom Institut WSI der Hans-Böckler-Stiftung kontert: „Wenn, wie Wollseifer behauptet, durch die Erhöhung des Bürgergelds im Niedriglohnbereich die Grenzen zwischen Bürgergeld und Gehalt verschwimmen, zeigt das nur, dass hier Löhne gezahlt werden, die nicht armutsfest sind.“1
Das nach dem ehemaligen VW-Personalvorstand Peter Hartz benannte und von der Schröder/Fischer-Regierung beschlossene Gesetz wurde als Druckmittel zur Aufnahme jeder Arbeit geschaffen. Das hat den Niedriglohnbereich extrem gepuscht. Und genau der soll nicht eingeschränkt werden, weil er ein Trumpf-Ass für die hiesigen Monopole ist, im internationalen Konkurrenzkampf und für die Profitmaximierung.
In der EU-Richtlinie für Mindestlöhne sieht Dennis Radtke „ein Stück sozialpolitische Geschichte … dass Menschen für ihre Arbeit gerecht entlohnt werden“. Dagegen laufen Monopolverbände wie die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) Sturm. Dabei „bleibe (so Radtke) weiter den Mitgliedsländern überlassen, wie hoch sie den jeweiligen Mindestlohn ansetzen.“ Der Rahmen dafür ist reichlich bemessen: von 332 Euro in Bulgarien bis 2257 Euro in Luxemburg. „Deutschland (hat aufgeholt und) lag in der ersten Jahreshälfte 2022 mit 1638 Euro auf Platz fünf - nach Luxemburg, Irland, den Niederlanden und Belgien.“
Die BDA-Funktionäre stören sich vor allem an dem Ziel, die Tarifbindung in den Betrieben zu stärken. In Deutschland 2020 arbeiteten nur 43 Prozent der Beschäftigten in Betrieben mit einem Branchentarifvertrag.