Documenta 15 aus der Sicht von Taring Padi

Documenta 15 aus der Sicht von Taring Padi

Kunst ist eine Waffe für den Kampf

Am 18. September ergab sich die Möglichkeit zu einem Interview mit Alex Supartono, einem Sprecher von Taring Padi aus Indonesien. Taring Padi ist ein linkes indonesisches Künstlerkollektiv.

Von jgä
Kunst ist eine Waffe für den Kampf
Kunst von Taring Padi auf dem Karneval zum Gedenken an die Schlammtragödie von Lapindo vor vier Jahren in Siring Barat, Porong, Sidoarjo, Ostjava, Indonesien, 2010 (foto: Taring Padi)

Bei einer Podiumsdiskussion am gleichen Morgen kam auch der pauschale Antisemitismus-Vorwurf gegen die documenta zur Sprache und wurde einhellig zurückgewiesen. Allerdings ist Taring Padi auch für ein großes Transparent verantwortlich, auf dem tatsächlich der Kopf eines Juden zu sehen war, der die Nazi-Bildsprache benutzte. Es wurde zur Eröffnung auf dem Friedrichsplatz aufgebaut und dann wieder abgehängt. Dafür hat sich Alex in einem Interview mit Kate Brown (artnet.com, am 10.8.22) ausdrücklich entschuldigt und die Verantwortung übernommen: „Wir hätten das wissen müssen, und das war der Fehler. Es war völlig unnötig und schlampig. Wir übernehmen die Verantwortung dafür und kehren zu unseren Grundsätzen der Zusammenarbeit und des gemeinsamen Lernens zurück. (…) Es sollte jedoch hinzugefügt werden, dass dieser Fehler ein Einzelfall war.“

 

Alex vertrat bei dieser Podiumsdiskussion wie andere Künstler auch: Kunst ist ein Werkzeug der Propaganda. Zwischen beidem besteht kein Widerspruch – entgegen der bürgerlichen Ideologie von der Kunst um der Kunst willen. Am deutlichsten kommt diese Konzeption wohl bei den Pappfiguren zum Ausdruck, die Taring Padi für Demonstrationen gestaltet. Sie werden von der Gruppe zusammen mit betroffenen Menschen entworfen, so dass beide voneinander lernen. Demonstrationen werden lebendiger durch ihre künstlerische Gestaltung und stärken die Propaganda. Also Kunst mit dem Volk, durch das Volk und für den Kampf.

 

Hier das Interview mit Alex Supartono von Taring Padi, in englischer Sprache mit deutschen Untertiteln.

 

 

Von Beginn an haben wir von der MLPD zusammen mit anderen fortschrittlichen Kräften und Unterstützern des palästinensischen Befreiungskampfs entschieden gegen die Verunglimpfung der documenta 15 mit der Antisemitismus-Keule protestiert. Zweifellos ist diese documenta in der Hauptseite fortschrittlich, kapitalismuskritisch und imperialismuskritisch. Dies unterstützen wir und weisen die Angriffe, sie sei antisemitisch, zurück (siehe unter anderem Rote-Fahne-News-Artikel "Die documenta 15 und die offene Krise des imperialistischen Weltsystems" vom 10. Juli 2022).

 

Die documenta bot kleinbürgerlich- fortschrittliche Kunst. Mehr kann man auch nicht erwarten. Sie distanziert sich nicht klar vom Antikommunismus. So gab es eine Halle mit kubanischen Künstlern, die ab 1959 (Jahr der kubanischen Revolution) unterdrückt wurden. Das ausstellende Kollektiv beruft sich auf Hannah Arendt, die Schöpferin der antikommunistischen Theorie vom Totalitarismus. Vor allem fehlte ganz die Rolle der Arbeiterklasse gegen den Imperialismus, ihre konkrete und strategische Stärke und führende Rolle. Arbeiter tauchten höchstens als unterdrückte Klasse auf, die man unterstützen muss. Genauso wurden die modernen Produktivkräfte und die kapitalistische Großproduktion als Feind und Folge des Kolonialismus gesehen statt auch als materielle Vorbereitung des Sozialismus. Gerade die scharfe Kritik am Imperialismus wirft ja zwingend die Frage nach der Perspektive auf. Diese stellte sich die documenta nicht positiv – ihre Lösung ist mehrfach: zurück zur dörflichen Kleinproduktion, zurück zum Mittelalter. Wie soll man damit das Welt-Hunger-Problem lösen? Das ist nicht fortschrittlich. Kleinbürgerliche kritische Kunst muss inkonsequent bleiben. Proletarisch- revolutionäre Kunst müssen die Arbeiter und ihre marxistisch-leninistischen Parteien international selbst schaffen. Sie wächst und entsteht in den Arbeiter- und Volkskämpfen und muss geleitet sein vom sozialistischen Ziel. Gehen wir solidarisch, aber auch kritisch-wachsam mit der documenta um! Dazu wird sich weiter Gelegenheit geben. Die Ausstellung ist zwar seit dem vergangenen Wochenende beendet, die Debatte aber dauert an.