Berlin
Demonstration gegen die akute Weltkriegsgefahr mit klarer Botschaft
Selbstbewusst und mit klaren Positionen zog heute die Demonstration "Wir bezahlen nicht für eure Kriege! Wir stehen gegen eure Kriege auf!" durch Berlin. Rund 1.300 Menschen beteiligten sich an der Aktion zum Aufbau einer neuen Friedensbewegung, zu der die bundesweite Montagsdemo-Bewegung und das Internationalistische Bündnis aufgerufen hatten.
Lisa Gärtner von der Koordinierungsgruppe des Internationalistischen Bündnisses und Felix Weitenhagen, Arbeiter und Betriebsrat bei Siemens in Berlin, hießen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei der Auftaktkundgebung vor dem Bahnhof Gesundbrunnen willkommen. Auf ihre Fragen, ob Leute aus den verschiedenen Bundesländern dabei sind, ernteten sie jeweils ein vielstimmiges "Ja". Beim Warmup mit heißen Rhythmen spielten die Straßenrockband "Nümmes" aus Berlin und "Kommando Umsturz" aus Karlsruhe. Auch der Regen konnte der Stimmung nichts anhaben.
Zu Beginn der Auftaktkundgebung gratulierte Lisa Gärtner "euch und uns allen" zum Fall der Gasumlage. Es war die Montagsdemo-Bewegung, die als erstes forderte: "Die Gasumlage muss weg!" Da sagten viele noch: "Was soll man dagegen ausrichten?" Die bürgerlichen Politiker bezeichneten sie als in Stein gemeißelt. Jetzt ist die Gasumlage zurückgezogen! Das sei auch eine Ermutigung im Kampf gegen die Weltkriegsgefahr und zeigt: "Nur wer kämpft kann gewinnen!"
Die anschließend auftretenden Sprecher der Montagsdemo-Bewegung knüpften daran an. Der Erfolg bei der Gasumlage zeige, dass man auch die Hartz-Gesetze zu Fall bringen kann. Hier sprachen langjährige Aktivisten der seit 18 Jahren wöchentlich oder zumindest monatlich demonstrierenden Montagsdemos gegen Hartz IV und die Politik der Regierung. Sie sprachen sich auch gegen den Missbrauch durch faschistische Demagogen aus und betonte die fortschrittliche Geschichte und den fortschrittlichen Charakter der Montagsdemos.
Kundgebung und anschließende Demonstration waren geprägt durch die Teilnahme und zahlreiche Redebeiträge von Gewerkschaftern, Arbeiterinnen und Arbeitern aus Großbetrieben. Dabei waren unter anderem Delegationen beziehungsweise Kolleginnen und Kollegen von Opel, VW, Ford, Daimler, K+S, Bergleute und Stahlarbeiter, Vertreterinnen von ver.di, der IG Metall, IGBCE und auch mehrere Auszubildende.
Sie positionierten sich gegen die akute Weltkriegsgefahr und bekräftigten: "Arbeiter schießen nicht auf Arbeiter!" Sie sagten aber auch der sprunghaft steigenden Inflation den Kampf an und berichteten von den Vorbereitungen einer kämpferischen Metalltarifrunde und des Kampfs für einen zusätzlichen Lohnnachschlag. In einem Grußwort der italienischen Basisgewerkschaft SI Cobas nannte diese den Krieg in der Ukraine von beiden Seiten imperialistisch: "Die Arbeiterklasse muss sich organisieren, um ihren eigenen Krieg gegen die Kriegstreiber zu führen." Am 2. Dezember soll dazu ein weiterer Generalstreik stattfinden, der auch von vornherein der neuen Regierung, die die Faschistin Meloni anführen soll, den Kampf ansagen wird.
Der Frauenverband Courage demonstrierte ebenfalls mit und sprach später bei der Abschlusskundgebung u. a. zur Weltfrauenkonferenz und zu den Protesten gegen das faschistische Regime im Iran.
Die anschließende Demonstration traf vor allem in der sehr belebten Brunnenstraße auf große Aufmerksamkeit. Viele Passanten blieben stehen, fotografierten oder filmten die Demo. Eine ganze Reihe Berlinerinnen und Berliner, wenn auch noch nicht massenhaft, schlossen sich der Demo an. Manche hatten im Internet darüber gelesen oder waren spontan auf die Demo gestoßen. Zahlreiche Anwohner verfolgten die Demo von ihren Wohnungen aus, manche winkten aus den Fenstern. Etliche liefen während der gesamten Zeit oder teilweise mit. Zwei junge Leute, die sich einreihten: "Es müssten alle mitdemonstrieren, sonst gibt es keinen Frieden." Auch ukrainische Flüchtlinge interessierten sich für die Demonstration.
Gabi Fechtner, Parteivorsitzende der MLPD und aktive Montagsdemonstrantin, ging in ihrem Beitrag bei der Auftaktkundgebung unter anderem darauf ein, dass von den 23 Prozent Inflation, die Arbeiterfamilien mittlerweile treffen, auf der anderen Seite auch jemand profitiert. Das werde jetzt als "Übergewinne" oder "Zufallsgewinne" bezeichnet. In Wirklichkeit seien es Raubprofite, die aus der Entwertung der Löhne, der Verarmung, auf Kosten der Konkurrenz oder durch Zerstörung der Natur gezogen werden. Sie beleuchtete auch die Hintergründe der akuten Weltkriegsgefahr im sich sprunghaft verschärfenden zwischenimperialistischen Konkurrenzkampf, als Ausdruck der beschleunigten Destabilisierung des imperialistischen Weltsystems. Inzwischen kämpfen rund 40 imperialistische Mächte um einen sich verengenden Weltmarkt. Dabei sprechen sie schon gar nicht mehr von Diplomatie, sondern nur noch von "Sieg" mit allen Mitteln.
Die Umweltgewerkschaft warnte sehr eindringlich vor einem Atomkrieg und seinen verheerenden Folgen. Auch das nehmen die Imperialisten in Kauf - mit der Behauptung, nur einen begrenzten Atomkrieg führen zu können. Das ist eine gefährliche Lüge, ein Atomkrieg ist nicht zu begrenzen und führt die Menschheit in den Untergang.
Gabi Fechtner bedauerte auch, dass es aufgrund der Spaltung im Vorfeld nicht eine noch größere Demonstration gelungen war: "In einer solchen Situation, wo so viel Verwirrung auf der Welt ist, ist es aber von unschätzbarem Wert, dass unsere Demonstration solche Klarheit vermittelt. Ich will nicht bei einer Demonstration sein, wie sie heute die FriKo hier in Berlin anführt, wo über den Krieg gar nicht gesprochen wird, da fällt das Wort Imperialismus gar nicht. Wir brauchen nicht noch mehr Verwirrung. Ich will auch nicht auf einer Demonstration sein, wo mit Querdenkern und Faschisten demonstriert wird. Lasst uns weiter Bündnisarbeit machen, aber nicht um den Preis, weiter Verwirrung zu stiften, die Sachen noch mehr zu verwässern, sondern lasst uns diese Bewusstseinsbildung vorantreiben."
Diese Einschätzung bestätigte sich heute. Auf der parallel stattfindenden "Handwerker-Kundgebung" (ca. 1000 Teilnehmer) trat nicht nur der AfD-Kandidat Karl Krökel auf. Faschist Jürgen Elsässer warb dafür in seinem Compact-Magazin. Die faschistische Gruppe "Zentrum Automobil", die versucht, sich in Autobetrieben zu etablieren, konnte sich mit einem großen Transparent profilieren. Mehrere hundert Teilnehmer zogen anschließend zur FriKo-Demonstration (auch sie mit ungefähr 1000 Teilnehmer). Dort konnte sich Zentrum Automobil ebenfalls 45 Minuten lang unbehelligt mit dem Transparent aufstellen, ohne dass sich die Demonstrationsleitung dagegen verwahrte - obwohl sie selbst allgemein gegen die Beteiligung von Faschisten sprach. Erst, nachdem ein Vertreter der Naturfreunde dagegen protestierte, wurde das faschistische Transparent abgeschirmt.
Eine spontane Zwischenkundgebung der Demonstration "Wir zahlen nicht für eure Kriege - wir stehen gegen eure Kriege auf" auf einer großen Kreuzung wurde durchgekämpft. Die Polizei hatte angekündigt, sie nach fünf MInuten zu beenden. Das lief nicht. Die Kundgebung beendeten diejenigen, die sie auch begonnen hatten! Die Gefahr eines neuen Weltkriegs thematisierte das Lied von Hannes Wader "Es ist an der Zeit".
Während der ganzen Demo, in vielen Beiträgen und Reden, wurden gute überzeugende Argumente zu verschiedenen wichtigen Themen, die unter den Massen eine Rolle spielen, entwickelt. So zum Beispiel gegen die Demagogie rechter Montagsdemos in Ostdeutschland oder gegen die Rechtfertigung von Waffenlieferungen durch die deutsche Regierung, gegen die Verlängerung der Laufzeit von Atomreaktoren etc.
Pünktlich zur Abschlusskundgebung auf dem Rosa-Luxemburg-Platz hörte der Regen auf. Ein Kollege von der DKP freute sich, auf der Demo sprechen zu können. Er gehört zu den DKP-Mitgliedern, die sich nicht auf den Standpunkt stellen, dass der russische Imperiasmus verteidigt werden müsse und forderte klar, dass Russland sich aus der Ukraine zurückzieht und die NATO mit ihrer Einkreisungspolitik aufhört. Ein Freund der ATIF prangerte den Krieg der Türkei gegen die Kurden an und spottete über Annalena Baerbock, die ein Selbstverteidigungsrecht der Türkei behauptet: Ja hat sie denn vergessen, dass die Türkei sich im Nordirak nicht auf eigenem Staatsgebiet befindet? Monika Gärtner-Engel überbrachte Grüße von Revolutionären aus dem Iran, die das faschistische Regime auf revolutionärem Weg überwinden wollen, und betonte: Unser Kampf ist international!
Auf diesem Platz musste nach ihrem Beitrag auch das gemeinsame Singen der "Internationale" sein! Optimistisch, kämpferisch voll, guter Stimmung ging die Demonstration zu Ende - mit der klaren Ansage: wir sehen uns wieder!