Betriebsversammlung bei Mercedes Benz Stuttgart

Betriebsversammlung bei Mercedes Benz Stuttgart

Die schönen Zukunftsbilder der Werksleitung können die Sorgen der Belegschaft nicht entkräften

3.300 Kolleginnen und Kollegen strömten am 27. September in die Schleyerhalle. Doch auf ihre Fragen und Sorgen bzgl. der Arbeitsplätze und warum sie für die kapitalistischen Krisen und Kriege bezahlen sollen, gab es weder von der Werksleitung noch von der IG-Metall-Betriebsratsspitze befriedigende Antworten.

Von wb
Die schönen Zukunftsbilder der Werksleitung können die Sorgen der Belegschaft nicht entkräften
Das Daimler-Werk in Stuttgart-Untertürkheim (foto: MSeses (CC BY-SA 3.0))

„Früher hätten wir in diesem Fall die Betriebsversammlung unterbrochen und den Druck auf den Vorstand erhöht“, meinte eine der gut 40 Rednerinnen und Redner. Eine andere Rednerin kritisierte, dass vom Podium aus getan wird, „alles läuft gut, wir bräuchten uns keine Sorgen machen“, während gleichzeitig in der Welt ein Dauerkrisen-Modus herrscht. Dies ist eine enorme Unterschätzung der akuten Gefahr eines Weltkrieges und der Gefahr des Umschlagens der Umweltkrise in eine globale Umweltkatastrophe. Die Kollegin forderte die volle Durchsetzung von 8 Prozent in der Tarifrunde. Doch angesichts der Preisexplosion reiche das nicht aus, brauche es einen Lohnnachschlag oben drauf. Von IG-Metall-Funktionären wurde für eine kämpferische Aktion am 12. Oktober vor dem Verhandlungslokal in Kornwestheim geworben.

 

Der Schwerpunkt der Versammlung lag auf der Umstellung auf den Elektroantrieb, bei dem sich Mercedes Benz verspricht, auch bei E-Limousinen der Luxusklasse Nummer eins in der Welt zu werden. Hier beklagte der Werksleiter Frank Deiß, dass der Staat die dazu notwendige Ladeinfrastruktur nicht schnell genug bereitstelle. Typisch die monopolkapitalistische Logik, nach der die Investitionen von uns Steuerzahlern finanziert, also vergesellschaftet werden sollen, während  die Profite (privat) in die Kassen von Großaktionären fließen.

 

Die erst erwähnte Kollegin kritisierte, dass Deiß viel von der Zukunft des E-Campus spricht, aber Mercedes Benz an der geplanten Vernichtung von allein 4.000 Arbeitsplätzen im Motorenwerk Untertürkheim festhält. Sie erinnerte daran, dass die Arbeiter dagegen auf die Straße gingen. Deshalb ist der Plan „krachend gescheitert“: Denn die Kollegen sind noch weitgehend da, aber Arbeitsplätze werden oder sollen rasiert werden. Die Kollegin berichtete, dass sich deshalb in ihrer Abteilung die Jungen auf Arbeitsplätze im Werk bewerben sollen, die es aber z.T. gar nicht gibt. Und die Älteren sollen deren Arbeit mitmachen. Sie griff die interne Werbung des Vorstandes für die neue Luxusstrategie vom Konzern mit dem „Diamant“ auf, bei dem die bisherige Pyramide mit der Massenfertigung "unten" und oben der Luxus-Limousinen umgedreht würde. „Wir sind der Diamant“, sagte sie unter Beifall. Die Belegschaft wurde unter viel Druck und Anspannung der Kräfte geformt. Sie ist dadurch aber auch in der Lage, dem Druck standzuhalten - im Kampf um ihre Interessen. Die Arbeiterin richtete im Namen ihrer Kollegen die Forderung an die Werkleitung, dass alle 14 Arbeitsplätze in ihrer Abteilung bleiben müssen und mindestens zwei junge Facharbeiter übernommen werden.

 

Auch beim Auftreten der MLPD am Morgen vor der Versammlung wurde deutlich, dass sich unter der ruhigen Oberfläche große Sorgen, Unzufriedenheit und Widerstand ob der Inflation, über die Zukunft der Arbeitsplätze und der gesamten Krisen- und Kriegssituation in der Belegschaft verbirgt. So gab es viel Kopfnicken und einzelne Zurufe auf die Begrüßung und Ansprachen per Lautsprecher hin. Auch nahmen viele das Flugblatt mit der Erklärung des ZK der MLPD zur neuen Qualität der Weltkriegsvorbereitung, das zur Teilnahme an der Demonstration am 1. Oktober nach Berlin unter dem Motto "Wir zahlen nicht für eure Kriege - wir stehen gegen eure Kriege auf" mobilisierte.