1. Oktober
Günter Wallraff: Ein kritischer Geist wird 80
Der bekannteste Investigativ-Journalist Deutschlands wird am Samstag 80. Günter Wallraff wurde am 1. Oktober 1942 in Burscheid bei Köln geboren.
Heute ist er den meisten Menschen ein Begriff - vor allem durch seine Enthüllungsrecherchen, wie in den 1970er-Jahren über die Praktiken der Bild-Zeitung oder als türkischer Gastarbeiter „Ali Levent“. Wallraff ist vor allem ein kritischer Geist, der sich gegen Ungerechtigkeiten engagiert. Sein Vater arbeitete bei Ford und die Familie der Mutter besaß eine kleine Manufaktur für Klaviere. Seit seinen Schülertagen schreibt er.
In den 1960er-Jahren arbeitete er erstmals in verschiedenen Industriebetrieben und schrieb über seine Erfahrungen.
Heinrich Böll charakterisierte Günter Wallraffs Arbeitsmethode in einem Vorwort zur schwedischen Übersetzung der "13 unerwünschten Reportagen" (1970): "Er gehört auch nicht zu den Autoren, die das, was man herablassend die Arbeitswelt zu nennen beliebt, zum Gegenstand von Romanen und Erzählungen macht. (...) Wallraff hat eine andere Methode gewählt, er dringt in die Situation, über die er schreiben möchte, ein, unterwirft sich ihr und teilt seine Erfahrungen und Ermittlungen in einer Sprache mit, die jede 'Überhöhung' vermeidet, sich nicht einmal des Jargons bedient, der ja als poetisch empfunden werden könnte."
Diese Methoden machten ihn in den Chefetagen verschiedener Monopole unbeliebt. Gegen ihn richteten sich mehrere Klagen und die Personalabteilungen wurden darauf ausgerichtet, dass er sich inkognito bewerben könnte.
Er gehört zu den Gründungsmitgliedern des „Werkkreises Literatur der Arbeitswelt“. Dieser wollte Arbeiter ermutigen, über ihre Situation selbst zu schreiben und dies aus erster Hand der Öffentlichkeit zu vermitteln.
Internationalist und Antifaschist
Unter vielen türkischen Migranten ist Günter Wallraff besonders durch seine Recherchen als „Ali Levent“ ein Begriff. Er schlüpfte in die Rolle eines türkischen Leiharbeiters bei Thyssen in Duisburg. Er beschrieb in seiner Recherche „Ganz unten“, wie Arbeiterinnen und Arbeiter aus der Türkei behandelt wurden.
Günter Wallraffs kritisches und fortschrittliches Wirken hat zweifellos einiges an Veränderungen angestoßen und bewirkt, allerdings blieb es auch im Rahmen des Versuchs der Reformierung des Kapitalismus stehen. Dazu gehören auch Illusionen in die Möglichkeiten des bürgerlichen Journalismus, wie sie unter anderem mit dem "Team Wallraff" auf RTL verbreitet werden. So unterstützenswert jede kritische Berichterstattung ist, kann sie am System der bürgerlichen Meinungsmanipulation nichts Grundsätzliches ändern. Es ist vor allem die Verbundenheit mit den einfachen Menschen und Missständen auf der Welt, die Günter Wallraf aus dem bürgerlichen Journalismus herausragen lassen.