Rolle staatlicher Behörden bei der Verschleierung

Rolle staatlicher Behörden bei der Verschleierung

Legale und illegale Einleitung von Abwässern in die Oder

Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel (Grüne) forderte auf einer Sitzung des Landtags in Potsdam als eine Schlussfolgerung aus der Oder-Umweltkatastrophe, dass u.a. „Warn- und Alarmpläne auf nationaler und internationaler Ebene“ [1] überprüft und angepasst werden sollten.

Von af
Legale und illegale Einleitung von Abwässern in die Oder
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Das solle auf der Basis der bisher gemachten Erfahrungen geschehen. „Dazu gehört eben bspw., dass bereits kleinere Fischsterben gemeldet werden.“ [2] Die Landesregierung solle darauf hinwirken, dass ein länderübergreifendes Einleitungskataster erstellt wird und es zu einer Überprüfung sämtlicher, also legaler wie illegaler Einleitungen in die Oder und deren Nebenflüsse kommt, heißt es in einem gemeinsam von SPD, CDU und Grünen eingebrachten Antrag, der mehrheitlich beschlossen wurde.

 

Völlig berechtigt ist die Einführung eines Einleitungskatasters zum Schutz des Lebensraums solcher Flüsse und Flusslandschaften. Aber nicht als Rechtfertigung für die Müll- und Schadstoffentsorgung durch internationale Konzerne, wie dem polnischen Bergbaukonzern KGHM oder dem Stahlkonzern Arcelor Mittal in Eisenhüttenstadt. Deshalb gehört die strafrechtliche Verfolgung solcher Umweltverbrechen unverzichtbar dazu, worüber aber kaum ein Wort in den bürgerlichen Medien verloren wird. Für die Aufklärung ist eine internationale Expertenkommission ins Leben gerufen worden, deren abschließender Bericht aber nicht vor dem 30. September 2022 vorgestellt werden wird. Auch wenn nicht alle gefundenen Stoffe auf ihre Auswirkungen hin untersucht worden sind, wozu auch das nennenswerte Ausmaß an Pestiziden zählt, geht die Landesregierung Brandenburg äußerst vorschnell davon aus, dass sich die Spur auf die Goldalge verdichten wird.

Bewusste Verschleppung und Verschleierung

Neben den Versäumnissen bei der Mitteilung der polnischen Behörden an die deutsche Umweltbehörde muss die bewusste Verschleppung als äußerst naheliegend in Betracht gezogen werden. Das führte bereits zu Unstimmigkeiten auf beiden Seiten, bis hin zu nationalistischer Abgrenzung mit dem zentralen Streitpunkt des weiteren Ausbaus der Oder. Die polnische Regierung pocht weiterhin darauf; in Deutschland fordern Umweltverbände und darauf reagierend die brandenburgische Landesregierung und Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) einen Stopp. Dennoch sagte der Vorsitzende des Umweltausschusses im Brandenburger Landtag, Wolfgang Roick (SPD), dass „die Arbeiten dazu (…) 2015 mit der damaligen Bundesregierung vereinbart worden (seien) [3]. Solche Vereinbarungen müssten demnach eingehalten werden. Eine Logik, die auch im Ausbau des Landes- und Bundesstraßennetzes angewendet und knallhart durchgezogen wird, um u.a. den Baukonzernen ihre Profite zu sichern.

Schlagabtausch zwischen Polen und Deutschland geht weiter

Dieser Schlagabtausch zwischen Polen und Deutschland geht u.a. durch das im Juli 2022 von Polen veröffentlichte Schifffahrtsprogramm (gültig bis 2030) weiter. Laut Aussage von Axel Vogel wird hier „für den Ausbau der Oder nicht mehr aus Gründen des Hochwasserschutzes geworben, sondern ganz klar aus wirtschaftlichen Gründen“ [4]. Einig sind sich Deutschland und Polen, die Oder weiter für die Binnenschifffahrt auszubauen, vielfach losgelöst von den Auswirkungen auf das Ökosystem. So halten verschiedene Umweltverbände die Begründung für den Ausbau lediglich zum Einsatz von Eisbrechern für vorgeschoben. Auch wirft sich aktuell die Frage auf, ob die plötzliche Ablehnung des Ausbaus durch deutsche Politiker nicht einen Grund darin hat, die Tourismusbranche in Brandenburg vor der „polnischen Konkurrenz“ zu schützen. So berichtet ein erfahrener Wassersportler aus Berlin, dass Polen ein Interesse an dem Uferausbau und der Errichtung von Staustufen für eine größere Wassertiefe hat, um auch das Gebiet in Oberschlesien attraktiver für den Tourismus zu machen. Das alles zeigt, dass die typische Methode bürgerlicher Politiker, einzelne Aspekte positivistisch, für sich allein betrachtet, ohne die Konsequenzen im System betrachtet zu ziehen, nicht zur Aufklärung beiträgt.

Ableitung salzhaltiger Abwässer aus dem Bergbaubetrieb

Dass es mit der Erstellung eines Einleitungskatasters aber nicht getan ist, so sehr dies auch zu begrüßen ist, zeigt sich am Vorgehen der polnischen staatlichen Wasseraufsicht. Bei dem schon erwähnten Rückhaltebecken, das geöffnet worden war, was aber zu Beginn der ganzen Katastrophe in seiner Wirkung noch bestritten worden war, handelt es sich um ein Becken des staatlichen Bergbaukonzerns KGHM. Die Einleitung salzhaltiger Abwässer aus dem Bergbaubetrieb in Slogow in Oberschlesien, in dem Kupfererz verarbeitet wird, zwischen dem 29. Juli und dem 10. August 2022 soll mit zu der Umweltkatastrophe beigetragen haben. Der Vorwurf lautet aber nicht, dass es sich um eine illegale Einleitung handelt. Vielmehr hätte nach Logik bürgerlicher Politiker die Wasseraufsicht lediglich die „ihr bekannte“ Einleitung wegen des niedrigen Flusspegels verbieten müssen, da der Salzgehalt sich wegen des Niedrigwassers nicht schnell genug verdünnt hätte. So sieht schon in diesem Stadium die lückenlose Aufklärung und Berichterstattung aus. 

 

Der KGHM Polska Miedź ist ein polnischer Bergbaukonzern mit Sitz in der niederschlesischen Stadt Lubin. Er betreibt Kupfer- und Silberbergbau, ist der drittgrößte Konzern beim Silberabbau weltweit und ist zudem in Kanada (Kupfer, Nickel, Edelmetalle), den Vereinigten Staaten (Kupfer, Gold, Molybdän) und Chile (Kupfer, Molybdän, Gold) aktiv. Bei allen Untersuchungen wurden bisher auch keinerlei Analogien zu den Abbaumethoden großer monopolistischer Bergbaukonzerne, etwa in Lateinamerika gezogen. Dort wurden schon in vielen Fällen selbst unzureichende Umweltschutzauflagen konsequent ignoriert und ganze Landstriche unfruchtbar und unbewohnbar gemacht; alles unter Duldung durch oder mit Hilfe des Staates.

Bergarbeiter von KGHM  Polska Miedź werden zur 3. Internationalen Bergarbeiterkonferenz eingeladen

Dass die Einleitung in die Oder nur unter „ungünstigen Bedingungen“ erfolgte, aber ansonsten keinerlei Einschränkungen unterlag, zeigt diese Verquickung aufs Schärfste. Wenn man nun schlussfolgert, dass allein alle legalen Einleitungen nach diesen falschen Vorgaben erfolgen, mit Grenzwerten, die willkürlich und in fast allen Fällen viel zu hoch angesetzt sind, dann lässt das nur einen Schluss zu, die Bergarbeiter u.a. von Konzernen wie KGHM, ebenso wie die Stahlarbeiter aus Eisenhüttenstadt und weiterer Betriebe, müssen sich mit der Umweltbewegung zusammenschließen und gegen die mutwillige Zerstörung der Einheit von Mensch und Natur stellen. Eine gute Voraussetzung ist dabei ein hohes gewerkschaftliches Bewusstsein mit einem Organisationsgrad von über 85% bei KGHM. Die internationale Bergarbeiterkonferenz im September 2023 in Thüringen bietet darüber hinaus die Möglichkeit sich auszutauschen und zusammenzuschliessen. Wozu wir auch die Bergarbeiter von KGHM  Polska Miedź einladen werden.