Rechtsentwicklung von Herrschenden bewusst betrieben
Rechtsruck in Europa? Die Menschen brauchen echte Alternativen!
Mit großer Sorge verfolgen fortschrittliche Menschen die letzten Wahlen in Europa. Die von Faschisten gegründeten „Schweden-Demokraten“ kamen bei den Parlamentswahlen am 11. September auf über 20 Prozent.
Am 25. September erhält ein Rechtsblock bei den Wahlen in Italien die Mehrheit, die künftige Regierung wird voraussichtlich von Giorgia Meloni von der faschistischen Partei "Fratelli d’Italia" angeführt. Haben wir es mit einem Rechtsruck in Europa zu tun? Eine gefährliche Rechtsentwicklung ist es auf jeden Fall. Entgegen der bürgerlichen Berichterstattung geht diese aber nicht vor allem von den Wählerinnen und Wählern aus.
In Italien z.B. hat ein Drittel der Bevölkerung überhaupt nicht mehr gewählt. Absolut konnten die rechten Parteien dort auch keinen Stimmenzuwachs erreichen. In Italien ging die reaktionäre Forza Italia des Milliardärs Silvio Berlusconi ein Bündnis mit der faschistoiden Lega und der Faschistin Meloni ein. Die Schweden-Demokraten, bisher politisch isoliert, kommen überhaupt nur in den Genuss, auf die Regierung Einfluss zu nehmen, weil die konservative Partei Moderata samlingspartiet den bisherigen Konsens, mit ihnen nicht zusammenzuarbeiten, aufgegeben hat.
Forza Italia und Moderata samlingspartiet gehören zur europäischen Parteienfamilie Europäische Volkspartei (EVP) von CDU/CSU. Der Vorsitzende der EVP, Manfred Weber von der CSU, flog eigens für die Wahlkampfunterstützung von Berlusconi nach Italien und behauptet laut BR 24, für die Stabilität Italiens brauche es „die Christdemokraten und bürgerlichen Konservativen der Forza Italia“. Wie man Weber kennt, meint er mit Stabilität bestimmt nicht stabile bezahlbare Mieten, Energie- und Lebensmittelpreise für die Massen. Nein, um deren Kämpfen entgegenzuwirken, muss man als Reaktionär zunehmend Faschisten salonfähig machen. In einem Land, in dem eine Regierung nach der anderen verschlissen wird, von "Stabilität" zu sprechen, ist schon von Haus aus unsinnig.
Die Rechtsentwicklung geht also nicht vor allem von den Wählern aus. Sie wird bewusst betrieben von den Herrschenden. Zum einen, um die wachsenden Unzufriedenheit der Massen in reaktionäre Bahnen abzuleiten. Zum anderen, um im imperialistischen Konkurrenzkampf zunehmend offen aggressiv ihre Interessen durchzusetzen. Unter den Massen wächst ein tiefes Misstrauen gegen die bürgerlichen Parteien. Ihre Hoffnungen sind zig mal enttäuscht worden. Die von den bürgerlichen Medien in Deutschland so gelobte Regierung unter Draghi war in Italien verhasst: Entlassungen wurden erleichtert, Lebensmittelpreise stiegen enorm und die Unterauftragsvergabe (zum Beispiel für Geschäfte an den vielen Strandabschnitten) sollten dem billigstem Anbieter - auch ausländischem Kapital - geöffnet werden. Draghi empfahl seinen Landsleuten zuletzt angesichts explodierender Energiepreise, „für den Frieden in der Ukraine“ doch „ihre Klimaanlagen auszuschalten oder zumindest herunterzufahren.“ Das ist doch völlig absurd. Den ukrainischen Massen bringen abgeschaltete Klimaanlagen in Italien rein gar nichts. In Schweden haben die zuletzt regierende Sozialdemokraten eine massive Rechtsentwicklung befördert, die Gesundheitsversorgung verschlechtert und den Nato-Beitritt vorangebracht.
Medial massiv unterstützt, können reaktionäre Kräfte unter einem Teil der Massen Einfluss gewinnen. Inmitten der Auflösung alter parteipolitischer und weltanschaulicher Bindungen gibt es viel Verwirrung. Der Protest gegen Inflation, Kriegsbeteiligung ihrer Regierungen, wachsende Armut und miserable Arbeitsbedingungen ist bei Faschisten, Querdenkern und faschistoiden Kräften an der falschen Adresse! Revolutionäre und klassenkämpfersiche Kräfte müssen hier eine bewusstseinsbildende Überzeugungsarbeit machen. Mit der klaren Unterscheidung, dass die Grenzen zwischen den Klassen und nicht zwischen den Ländern verlaufen, ist proletarisches Klassenbewusstsein wie ein Kompass, um nicht von der kleinbürgerlich-nationalistischen Denkweise beeinflusst zu werden.
Faschistische und faschistoide Kräfte stellen ihren reaktionären Kampf „Italien zuerst“ oder „Schweden zuerst“ als im Interesse der einfachen Leute dar. Über den Wahlkampf von Meloni berichtet Roberto Luzzi von der klassenkämpferischen Gewerkschaft SI Cobas: “Sie kommt nicht aus einer reichen Familie, hat sich demagogisch als Vertreterin 'des Volkes' gegen die Elite aufgespielt und Italiener gegen Ausländer (wobei sie Immigranten und ausländisches Kapital in einen Topf warf) aufgehetzt. Sie zielt vor allem darauf ab, die Arbeiterklasse in Italienerinnen und Italiener gegen Immigrantinnen und Immigranten zu spalten.“ In Wirklichkeit ist die faschistische Partei Fratelli d’Italia aufs engste mit dem militärisch-industriellen Komplex, also dem reaktionärsten Teil der Monopole, verbunden.
Wahlen sind unter der Bedingung der massiven Meinungsmanipulation durch die bürgerlichen Medien natürlich immer nur ein relativer Gradmesser des Bewusstseins der Massen. Aber es zeigt sich deutlich: es braucht eine wirkliche, positive gesellschaftliche Alternative. Dafür braucht es in den Ländern revolutionäre marxistisch-leninistische Parteien und den weltweiten Zusammenschluss dieser Kräfte. Und es steht außer Frage, dass der Aufbau einer antifaschistischer und antiimperialistischen Einheitsfront und die Bildung von Aktionseinheiten eine wichtige und notwendige Aufgabe ist, die auf der Tagesordnung steht.