Kampagne "Zusammen nach vorn"
Arbeiter und Kapitalisten gemeinsam?
Keine Pressekonferenz, keine öffentliche Debatte – ohne den Appell, „diese Krise ist nur gemeinsam und geschlossen zu bewältigen“. Und der Monopolverband Gesamtmetall macht sogar eine PR-Kampagne zur Metall-Tarifrunde unter dem Motto: „Zusammen nach vorn“.
"Bund und Länder sind sich darin einig, dass diese Krise (angeblich allein der 'Angriffskrieg Russland' - Wb) nur gemeinsam und geschlossen zu bewältigen ist – so die zentrale Botschaft der Besprechung des Bundeskanzlers mit den Regierungschefinnen und -chefs der Länder Anfang der Woche.“ [1].
“Gemeinsam durch die Krise zu kommen“ ist die Leitlinie der Propaganda der Herrschenden. Denn ihre bisherige Botschaft "Gemeinsam aus der Krise zu kommen“ ist angesichts der neuen Qualität, der Menge und der Wechselwirkungen der Krisen des imperialistischen Weltsystems krachend gescheitert. "Gemeinsam durch die Krise kommen" - diese Losung zielt auf die Vermeidung von Kämpfen, angefangen vom Lohnkampf in der Tarifrunde bis zum aktiven Widerstand gegen die Weltkriegsgefahr und den Kampf zur revolutionären Überwindung des Kapitalismus und Imperialismus.
Dass die Monopole und ihre Dienstleister in der Regierung mit „Gemeinsamkeit, Solidarität und Verantwortung“ die Begriffe und Werte der Arbeiterbewegung penetrant aufgreifen, ist Ausdruck ihrer Defensive. So musste die Regierung die Gasumlage zurücknehmen, um angesichts der breiten Kritik und Empörung der Massen sowie der beginnenden Proteste härtere Arbeiterkämpfe zu verhindern. Die Metallverbände appellieren: "Wenn Unternehmen und Beschäftigte an einem Strang ziehen, können wir diese Herausforderungen meistern.“ Was soll das für ein Strang sein, an dem Kapitalisten und Arbeiter gemeinsam ziehen? Einmalzahlungen statt tabellenwirksamer Lohnerhöhungen, Nullrunde, Erhöhung des Renteneintrittsalters, Ausdehnung der Arbeitszeit? Das sind Provokationen und Betrugsmanöver! Sie müssen von der Arbeiterklasse durchkreuzt werden.
Verständnis dafür, dass „Deutschland sich in einer Notsituation“ befinde, wie die Bundesregierung sagt, finden die Herrschenden bei den reformistischen Co-Managern der Gewerkschafts- und Betriebsratsführungen. So erklärte sich Yasmin Fahimi, Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) bei der Konzertierten Aktion bereit für „eine gemeinsame Kraftanstrengung“ [2] mit den Monopolverbänden und der Regierung. Sie wurde aber im Mai dafür gewählt, dass die DGB-Gewerkschaften mit ihren Mitgliedern den Kampf gegen die Abwälzung der Krisen- und Kriegslasten organisieren. Während sie sich auf dem DGB-Bundeskongress noch kämpferisch gab, macht sie jetzt gemeinsame Sache mit dem Gegner. Das ist nichts anderes als Opportunismus, der in Zeiten, in denen sich die Widersprüche verschärfen, gesetzmäßig in Sozialchauvinismus übergeht.“ [3]
Angeblich würden wir in dieser „Notsituation“ alle in einem Boot sitzen. Eine Kollegin von Ford aus Köln sprach dazu auf der Herbstdemonstration am 1. Oktober in Berlin: „Seit Beginn dieses Krieges in der Ukraine stehen Arbeiter gegen diesen Krieg auf, denn es ist von beiden Seiten ein ungerechter Krieg und die Lasten tragen wir. Wir sind aktuell in der Tarifrunde und wir fordern erst mal einen Lohnnachschlag, denn die vergangenen Tarifrunden hatten wir Nullrunden. Wir wollen die vollen 8 Prozent für 12 Monate und keinen Deut weniger. Gesamtmetall-Präsident Wolf meint, wir sitzen doch in einem Boot. Aber in meinem Boot, da sitzen keine Konzernchefs. Die haben bei uns im 2. Quartal 525 Prozent mehr Gewinn gemacht als letztes Jahr und in meinem Boot da sitzen auch keine Politiker, die gerade Diätenerhöhung hatten und sowieso schon 10-fach so viel verdienen wie unsereins. Meine Miete und mein Gas kosten 1250 Euro monatlich bei einem Nettolohn von 1980 Euro. Ich bin alleinerziehende Mutter von zwei Kindern, da bleibt nicht mehr viel übrig. Die Gasumlage ist gefallen, weil wir alle dagegen gekämpft haben, Kämpfen wir weiter, dass der Gaspreisdeckel nicht zu unseren Lasten geht, sondern auf Kosten der Profite.“
Damit hat die Kollegin auch die Methode ins Visier genommen, nur die Oberfläche zu betrachten und die wirklichen Klassenverhältnisse außen vor zu lassen. Danach wären angeblich Arbeiter wie Unternehmer gleichermaßen von den Energiepreis-Explosionen betroffen. Unter dem Slogan „Wer die Preise kennt, will 8 Prozent“ weist die IG Metall nach, dass es v.a. die Konzerne sind, die die höheren Kosten weitergeben können: So sind die Verkaufspreise von Kraftwagen und -teilen in den letzten 12 Monaten um 6,2 Prozent gestiegen, die von Maschinen um 9,3 Prozent und die Preise für Metallerzeugnisse gar um 15,4 Prozent.“ [4]
Wenn also die Vertreter der Monopolverbände von Gemeinsamkeiten reden, meinen sie die Unterordnung der Arbeiterinteressen unter ihre Profitinteressen. Dagegen müssen die Arbeiter ihre eigene Rechnung aufmachen und in die Offensive kommen. In ihren Kämpfen kommt das Klassenbewusstsein der Arbeiter am meisten voran. Oder wie es Lenin bereits aufzeigte. „Jeder Streik erinnert die Kapitalisten daran, dass die wahren Herren nicht sie sind, sondern die Arbeiter, die ihre Rechte immer lauter und lauter anmelden. Jeder Streik erinnert die Arbeiter daran, dass ihre Lage nicht hoffnungslos ist, dass sie nicht alleine stehen. Man sehe sich an, welchen gewaltigen Einfluss ein Streik sowohl auf die Streikenden als auf die Arbeiter der benachbarten oder naheliegenden Fabriken oder auf die Fabriken des gleichen Produktionszweiges ausübt.“ [5]