Friedenskampf
Zwangsrekrutierung und militaristische Heuchelei
Zu Recht empören sich viele Menschen hierzulande wie in Russland über die unsäglichen Zwangsrekrutierungen des russischen Imperialismus. Für die Verschärfung des Krieges in der Ukraine wäre theoretisch - über die 300.000 Reservisten hinaus - sogar die Mobilisierung von 2 bis 3 Mio. möglich, wenn die Massen in Russland das Regime nicht daran hindern.
Die Empörung der Regierungen der EU- und NATO-Staaten über Zwangsrekrutierungen ist elende Heuchelei. Seit dem Mittelalter waren Zwangsrekrutierungen als „Aushebungen“ unter Bauern, Handwerkern usw. für den Kriegsdienst der Herrschenden Gang und Gäbe. Wie hieß es in einem Lied von 1870 dazu: „Ich bin Soldat, doch bin ich es nicht gerne, als ich es ward hat man mich nicht gefragt, man riss mich fort, hinein in die Kaserne, gefangen ward ich wie ein Wild gejagt“. Doch war dabei die Erlernung des Waffenhandwerks durchaus nützlich. Und so hieß es in diesem Lied auch abschließend: “Drum lasst zur Heimat uns zurück marschieren, von den Tyrannen unser Volk befrei`n, denn nur Tyrannen müssen Kriege führen, Soldat der Freiheit will ich gerne sein!“.
Im Buch „Der Neokolonialismus und die Veränderungen im nationalen Befreiungskampf“ von Stefan Engel und Klaus Arnecke ist belegt, wie die französischen und englischen Imperialisten - für das Völkergemetzel im 1. Weltkrieg - in den Kolonien Zwangsrekrutierungen durchführten und Hunderttausende in den Kriegsdienst zwangen: “So mussten in den europäischen Schützengräben 172.800 Algerier für ihren Unterdrücker kämpfen, wovon fast 20.000 ihr Leben ließen. Die Völker lernten im Weltkrieg nicht nur `den Gebrauch der Waffen`“ (S. 31)
In Deutschland gab es nach dem militaristischen Drill zum Ersten Weltkrieg die abscheulichsten Zwangsrekrutierungen durch den Hitler-Faschismus, für die Eroberungsfeldzüge im Interesse der Monopolherren, mit den bekannten Folgen. Mit dem Aufbau der Bundeswehr ging die Wehrpflicht einher, bei Vermeidung des Begriffs der Zwangsrekrutierung. Der ganze militaristische Drill, die Unterdrückung, Erniedrigung bei weitgehender Rechtlosigkeit der Rekruten blieb. So wurden Anfang der 1970er-Jahre in „unserer“ Panzereinheit nicht anerkannte Verweigerer inhaftiert und mit bewaffneten Soldaten täglich zur Abschreckung über den Kasernenhof geführt. Bei der Formalausbildung und bei den Märschen wurden wir gezwungen, das 1935 entstandene und von Wehrmacht und Hitler-Faschisten gesungene Panzerlied zu grölen, worin es heißt: „Trifft uns die Todeskugel, ruft uns das Schicksal ab, dann wird uns der Panzer zum ehernen Grab“.
Als die Bundeswehr ab den 1990er-Jahren zu einer Berufsarmee für Auslandseinsätze und zur „Terrorbekämpfung“ (sprich Aufstandsbekämpfung) umgebaut wurde, wurde die Wehrpflicht ausgesetzt, nicht abgeschafft. Der Drill wurde etwas abgeschwächt und mit dem System der kleinbürgerlichen Denkweise übertüncht. Als sich dann die Meldung von bei Auslandseinsätzen „gefallenen und durch Suizid umgekommene Soldaten häuften, sorgte Kriegsministerin Ursula von der Leyen (CDU) 2017 dafür, dass das Panzerlied aus dem Liedgut der Bundeswehr entfernt wurde.