Auseinandersetzung um "Querdenker"-Demos
Falsche Adresse für den Protest gegen die Regierung!
In der Kleinarbeit traf ich auf zwei Freundinnen, die seit Jahren Sympathisanten der MLPD sind. Ich war überrascht, als sie sagten, dass sie montags 19 Uhr in Erfurt mit den rechten Montagsspaziergängen mitlaufen.
Sie argumentierten: "80 % der Forderungen würdest du unterschreiben" (z.B. gegen den Krieg oder gegen die Inflation). Mal abgesehen, dass ich nicht eine einzige Forderung von rechten und faschistoiden Kräften unterschreiben würde, sieht diese Denkweise nur einzelne oberflächliche Erscheinungen/Forderungen und untersucht nicht das Wesen
dieser Bewegung.
Auch wenn eine Besonderheit in Erfurt ist, dass an der Spitze keine offenen Faschisten mit Hakenkreuz-Tattoos stehen (anders als in Gera, Eisenach oder Nordhausen), steht die Bewegung doch unter der einheitlichen Flagge von "Freies Thüringen". Und diese Bewegung ist ganz klar rechts, was nicht zuletzt in den Telegram-Chatgruppen deutlich wird, wo Statements der AfD und Videos vom Thüringer Faschisten Björn Höcke rauf und runter gepostet werden. Rechte Kräfte passen sich dem Zeitgeist an und stellen einige Forderungen zu Problemen auf, bei denen real den Leuten der Schuh drückt. Geschickt lenken sie aber den Protest in eine Richtung, die niemals die Lösung der Probleme bringen wird und die den Kapitalisten nicht weh tut. So sprach sich AfD-Chef Chrupalla bei der AfD-Demo am 8.10. in Berlin ausdrücklich gegen einen Gaspreisdeckel aus.
Unter der Losung "Deutschland muss wieder groß werden" sollen sich die deutschen Arbeiter mit den deutschen Kapitalisten vereinen im Kampf gegen (z.B.) die chinesischen Arbeiter. Die Ursache der Probleme, weshalb die meisten auf die Straße gehen, liegt aber im Kapitalismus. Und diesem wollen rechte Kräfte weder wehtun und ihn schon gar nicht abschaffen. Jeder, der montags unter der Flagge "Freies Thüringen" geht, muss sich im Klaren darüber sein, dass er damit auch Faschisten salonfähig macht! Und wohin Faschismus führt, hat die Geschichte bewiesen.
Mit einer Kritik hatten die beiden Freundinnen aber Recht: Es gibt bisher in Erfurt keinen wöchentlichen Anlaufpunkt für fortschrittlichen Protest. Das Bündnis um den DGB "Nicht mit uns" beschränkt sich auf unregelmäßige Einzelaktionen und trennt die sozialen Probleme von einer klaren Positionierung zum Krieg. Völlig zu Recht hat deshalb die antifaschistische Erfurter Donnerstagsdemo nun öffentlich beraten, dass es nötig ist, wöchentlich auf die Straße zu gehen, und zwar montags.