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Nosrat Taymoorzaden: „Die Revolte im Iran dauert inzwischen die vierte Woche an“

Nosrat Taymoorzaden, Mitglied des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Irans hielt den folgenden Beitrag im Rahmen des Webinars der antiimperialistischen und antifaschistischen Einheitsfront am 9. Oktober:

Die Revolte im Iran dauert inzwischen die vierte Woche an. Am 8. Oktober wurde in über 40 Universitäten gestreikt, und gleichzeitig waren sie Schauplatz der heftigsten Auseinandersetzung zwischen Studenten und Sicherheitskräften.

 

Nach dem Aufruf der verschiedenen Lehrer-Verbände am 4. und 10. Oktober zu streiken, waren fast alle Schulen geschlossen und Schülerinnen haben ohne Kopftuch in vielen Städten mit Parolen wie: „Jin, Jian, Aazadi – Frauen, Leben, Freiheit“ und: „Nieder mit der Diktatur“ demonstriert.

 

In vielen Städten haben junge Frauen und Männer Barrikaden gebaut. Besonders in der Provinz Kurdistan wurden die Straßen mehrere Stunden lang durch wütende Menschen besetzt, sodass die Sicherheitskräfte fliehen mussten.

 

Am 9. Oktober fanden in zahlreichen Städten, auf dem Gelände verschiedener Universitäten und sogar auf dem Gelände von Schulen heftige Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften statt.

 

Genau eine Woche zuvor wurde auf den Straßen Teherans folgende Parole gerufen: „Sagt nicht mehr Aufstand – jetzt heißt es Revolution!“

 

Eine Revolution, in der Millionen Frauen mit ihrer Wut, ihrem Selbstbewusstsein und ihrer Macht auf die Straße gehen - das ist nicht nur in der iranischen Geschichte einmalig, sondern auf der ganzen Welt.

 

Ganz besonders, da das iranische Regime von Anfang die an Unterdrückung der Frauen als ein elementares Machtinstrument zur Festigung der Islamischen Republik eingesetzt hat.

 

In den 43 Jahren der islamistischen Konterrevolution gab es keine solche landesweite Protestbewegung. Ende 2017 flauten die Proteste nach zehn Tage ab, weil die Arbeiterklasse fehlte. 2019 wurden die Proteste nach eine Woche blutig niedergeschlagen, wobei über 1500 Protestierende getötet wurden.

 

Die aktuelle Revolte ist jetzt in der vierten Woche. Es beteiligen sich Frauen, Arbeiterinnen und Arbeiter (aber noch nicht als Klasse), Lehrerinnen und Lehrer, Rentnerinnen und Rentner, Slum-Bewohnerinnen und -Bewohner, Studentinnen und Studenten, Schülerinnen und Schüler, Künstlerinnen, Künstler und Schriftstellerinnen wie Schriftsteller sowie bekannte Sportlerinnen und Sportler an dieser Revolution.

 

Ob auf der Straße, in den Universitäten oder Schulen hört man die Parolen: „Nieder mit Diktator“, „Jin, Jian, Azadi – Frau, Leben, Freiheit“, „Brot, Arbeit, Freiheit, Rätebewegung“ und: „Nieder mit Unterdrücker - ob König oder Führer“.

 

Es sind nicht nur unabhängige Arbeiterorganisationen, die mit ihren Aufrufen die Revolte unterstützen, sondern Erdöl-Arbeiter, Arbeiterinnen und Arbeiter der Rohrzucker-Fabrik in Haft Tepe und LKW-Fahrer, die drohen, in den Streik zu treten.

 

In verschiedenen Städten, insbesondere in der Provinz Kurdistan und in Teheran, wurden Nachbarschaftskomitees zur Verteidigung der Proteste gebildet. Jeden Tag werden mehr von solchen Komitees organisiert.

 

Das Regime hat von Anfang an mit höchster Brutalität reagiert. Bis jetzt wurden mindestens 150 Protestierende getötet, einige Hundert verletzt und Tausende verhaftet. Allein in der Stadt Zahedah in der Provinz Baluchistan wurden 80 Menschen umgebracht.

 

Trotz all dieser Brutalitäten gehen die Aufstände mit großen Schritte weiter nach vorne. Viele Regierungsgebäude und auch Autos von Revulotionsgardisten wurden angezündet.

 

Es mangelt aber immer noch an einem landesweiten Streik der Arbeiterinnen und Arbeiter in den Fabriken, die in der Lage sind, nicht nur die gesamten Kräfteverhältnisse zugunsten der Protestierenden auf der Straßen zu ändern, sondern als Klasse die Führung der Revolution zu übernehmen.

 

Wenn es uns gelingt, das Regime mit einer Revolution zu stürzen und nicht zuzulassen, dass die Imperialisten eine sogenannte „bunte Revolution“ inszenieren, dann sind wir in der Lage, die gesamte geopolitische Lage im Nahen Osten zu Gunsten der Revolution, zu Gunsten der Arbeiterklasse und besonderes zu Gunsten der Frauen zu ändern und den politischen Islam zu vernichten.