Gewerkschaft deutscher Lokomotivführer
Kämpferische Demonstration für einen Tarifvertrag und das Recht auf Streik
Über 200 Beschäftigte aus Baden-Württemberg, unterstützt von Kollegen aus Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Gera, sowie anderer Gewerkschaften folgten am Freitag dem Aufruf des Vorstandes der Lokführergewerkschaft GDL zu einer Protestdemonstration. Diese startete am Stuttgarter Hauptbahnhof, wo viele Regionalzüge aufgrund des fünftägigen Streik der GDL nicht fahren, und ging zum oberen Schlossgarten, vor den Landtag.
Im Zentrum des „Machtkampf im Zugverkehr“, wie die Stuttgarter Zeitung (StZ) titelte, steht das Ziel und die Forderung der GDL, im neuen Mutterkonzern Südwestdeutsche Landesverkehrs GmbH (SWEG) einen Tarifvertrag für die mehr als 500 Eisenbahner auszuhandeln. Dieser soll die von der GDL - bei der insolvent gegangenen Abellio - erkämpften Errungenschaften bei den Arbeitsbedingungen und sozialen Rechten enthalten. Die Belegschaft wurde Anfang des Jahres unter Führung der Landesregierung in der SBS-Tochter der SWEG übernommen.
Doch die grün-schwarze Landesregierung, die sich als Förderer der Tariftreue und -einheit gibt, will die kämpferische GDL nicht in der SWEG haben. So der Aufsichtsratsvorsitzende Uwe Lahl und Amtschef im Gesundheits- und Sozialministerium von Baden-Württemberg in einem Brief an die GDL: „Wir wollen die GDL nicht in unserem Mutterkonzern“. In einem Kommentar der StZ wird klar, warum: „ ... Um aber der aggressiven Lokführergesellschaft GDL den Zugriff auf das Gesamtunternehmen zu erschweren, stößt sie die Tochter SBS ab.“ [1] „Aggressiv“ gehen allerdings die SWEG und Landesregierung vor, weil die GDL das macht, wofür eine Gewerkschaft da ist: Mit ihren Mitgliedern die gewerkschaftliche Kampfkraft für Arbeiterinteressen einsetzen!
Alle angesprochenen Demonstranten zeigten sich sehr empört darüber, dass ausgerechnet die Landesregierung ein Mehrklassen-Tarifsystem in ihren Unternehmen verteidigt und die GDL und ihr Streikrecht angreift. Es ist deshalb nicht der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky, „der wütet“ oder dem es nur „um die Macht“ ginge, wie in den bürgerlichen Medien diffamierend berichtet wird.
Neben der Forderung einer Einmalzahlung und eines Inflationsausgleiches von 3.000 Euro, fordert die GLD auch Verbesserungen bei den Arbeitszeiten und der Schichtplanung. Dazu eine Kollegin: „Ich habe in diesem Jahr ganze zwei Monate weniger als 200 Stunden gearbeitet. Im August waren es 225 Stunden. Und dann sollte ich auch noch meine zwei freien Tage verschieben, um einzuspringen.“
Als Claus Weselsky bei der Abschluss-Kundgebung unter vielfachen Rufen „Claus, Claus, Claus“ ans Mikrofon trat, wurde deutlich: Wir machen uns nicht zum Bittsteller, sondern sind eine selbstbewusste und kampferfahrene Gewerkschaft. "Ohne uns funktioniert gar nichts." Er griff die grün-schwarze Landesregierung auch auf ökologischem Gebiet an, weil sie in Worten für Umweltschutz und die Verlagerung des Verkehr von der Straße auf die Schiene ist. In der Praxis ist sie mitverantwortlich, dass es vorne und hinten an Bahnpersonal fehlt, weshalb die Arbeitsbedingungen immer unerträglicher werden; am krassesten in der Zeit der 9-Euro-Ticket-Aktion.
Als ich sagte, dass ich einen Bericht für rf-news mache, die auch zur Solidarität mit ihrem Kampf aufgerufen hat, gab es viel Anerkennung. Wir waren uns in Gesprächen einig, dass die Angriffe auf die Gewerkschafts- und Streikrechte uns alle angehen und deshalb gemeinsam zurückgeschlagen werden müssen. Sie rühren aus der Angst der Herrschenden, dass die Arbeiter nicht nur in Deutschland auf den Plan treten. Ein europaweiter Kampftag, bei der wir uns gegenseitig unterstützen und unsere Kämpfe koordinieren, war ein neuer Gedanke, der gut ankam.
[1] www.stuttgarter-zeitung.de 20.10.