Heftige Proteste gegen Rekrutierungen in Russland

Heftige Proteste gegen Rekrutierungen in Russland

„Putin in den Schützengraben!“

Auch nach dem ersten Aufflammen am 21. September, dem Tag der Verkündung der „Teilmobilisierung“, an dem allein über 1300 Protestierende in über 30 Städten festgenommen wurden, bekommt Putin keine Ruhe.

Korrespondenz aus Esslingen

Bekannt wurde besonders der Widerstand in den Kaukasus-Repuliken Dagestan und Inguschetien, im Süden der Russischen Föderation. „Wir sind kein Fleisch!“ und „Putin in den Schützengraben!“, skandierten Hunderte in dem Ort Endrije (Dagestan) vor den Rekrutierungsbussen. Sie blockierten eine Überlandstraße und versuchten, Männer wie Frauen, Rekrutierte den Händen der Soldaten zu entreißen.

 

Zurückgekehrte Soldaten und andere Teilnehmer klärten die Einberufenen auf. „Keine Ausbildung. So gut wie keine Waffen. So schickt man euch dahin“ Die Polizei versuchte, die Versammelten zu zerstreuen. Als ihr das nicht gelang, schoss sie in die Luft, um die Menschen zu erschrecken. Im Video hörte man einen Teilnehmer sagen: „Es ist kein Nawalny nötig, um gegen das Putin-Regime auf die Straße zu gehen. Das Regime gräbt sich selbst das Grab.“ (Sladova Livejournal.com, 25.9.22)

 

In der autonomen Republik Inguschetien hat der stellvertretende Ministerpräsident die Häupter der Kommunen regelrecht abgekanzelt, weil in ganz Inguschetien mit ca. einer halben Million Menschen nur zwölf Rekruten gestellt wurden. Doch er musste sich angesichts der Empörung über sein Geschimpfe entschuldigen. Ein angesehener Imam in dieser Republik hatte den Krieg gegen die Ukraine als „gottlos“ bezeichnet. Er hatte gerade vorher an der Beerdigung eines in der Ukraine gefallenen Soldaten teilgenommen. Schon Anfang des Jahres hatte der Vorsitzende der Vereinigungen der Muslime Inguschetiens erklärt, dass die Induschen nicht an dieser Kriegsoperation teilnehmen sollten. Denn: „Unsere Nachfahren sollen nicht für uns rot werden müssen.“ (Naqqin.az.news vom 14.10.22)

 

Von Nawalny und den prowestlichen Parteien in Russland, wie z. B. „Jabloko“, hört man in diesen Protesten kaum etwas. Viele ihrer Akteure sind ins Ausland gegangen. Nur die Organisation „Vesna“ (Frühling) rief am 21. September in Sankt Peterburg zu Protesten auf. Prompt forderte der Staatsanwalt, sie als „extremistisch“ zu verbieten.

 

Die Moskauer bürgerliche Zeitung Komersant berichete am 4. Oktober, dass die Opposition gleichsam „eingefroren“ sei. Aktivisten, die jetzt aus dem Ausland agieren, hätten wenig Einfluss, da sie kaum jemand kenne. Die verbliebenen Aktivisten dieser Organisationen, würden, wenn sie in Erscheinung treten, mehr „hippieartige“ Aktionen durchführen, die „losgelöst“ von der „Tiefe des Volkes“ seien.