Ukraine-Krieg
BRD-Imperialismus lehnt sich bei "Wiederaufbaukonferenz" weit aus dem Fenster
Mit dem dritten Anlauf hat es geklappt: Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist mit dem Zug zu einem Besuch in Kiew eingetroffen und wird dort heute Nachmittag auch den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj treffen.
Im April war Steinmeier als unerwünschte Person ausgeladen worden. Deutschland hatte damals noch keine Zusagen für die Lieferung schwerer Waffen gemacht gehabt und bezog noch reichlich Gas aus Russland. Steinmeier hatte noch keine Selbstkritik geleistet, dass er lange an der Gaspipeline Nord Stream 2 festgehalten und den "imperialen Wahn" von Wladimir Putin nicht scharf genug eingeschätzt habe. Das haben Steinmeier und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ja inzwischen deutlich korrigiert. Für Russland als neuimperialistischen Rivalen von NATO, USA und BRD beim erbitterten Ringen um die Neuaufteilung der Welt geht ihnen der Begriff "Imperialismus" leicht über die Lippen. Ein zweischneidiges Schwert. Denn warum sollte man z.B. bei den brandgefährlichen gegenseitigen Drohungen mit einem atomaren Erstschlag bzw. dem Einsatz einer "schmutzigen" (d.h. mit atomarem Material versetzten) Bombe nicht auf den Gedanken kommen, beide Seiten handeln imperialistisch?
Es sei ihm wichtig, so Steinmeier in Kiews, "gerade jetzt, in der Phase der niederträchtigen russischen Luftangriffe im ganzen Land, ein Zeichen der Solidarität an die Ukrainerinnen und Ukrainer zu senden. Wir werden die Ukraine weiter unterstützen: militärisch, politisch, finanziell und humanitär." Was Steinmeier als "Solidarität" bezeichnet, ist eine massive Parteinahme Deutschlands im Ukrainekrieg. Sie nützt den Menschen in der Ukraine überhaupt nichts, sondern sorgt für noch mehr Zerstörung, Leid und Tod. Die russischen Angriffe auf die Infrastruktur in der Ukraine sind in der Tat brutal für die ukrainischen Massen. Sie müssen um Leib und Leben fürchten und ständig wird der Strom abgestellt. Die Gegenangriffe der ukrainischen Truppen sind jedoch nicht weniger aggressiv und zerstörererisch, auch wenn man berücksichtigen muss, dass die Ukraine die russischen Verluste für die psychologische Kriegführung übertreibt. Nach Berichten des ukrainischen Generalstabs sind am Sonntag sechs russische Waffen- und Munitionsdepots zerstört worden. Bei einem ukrainischen Angriff nahe der Stadt Energodar, bei dem ein verheerender Brand ausgebrochen sei, sollen 50 russische Soldaten ums Leben gekommen sein, 40 weitere verletzt.
Während sich der Krieg um die Ukraine verschärft, insbesondere in der Region um die Stadt Cherson, findet in Berlin eine Wiederaufbaukonferenz statt, wo die Beteiligten so tun, als ob der Krieg schon fast beendet sei - natürlich siegreich für die westlichen Imperialisten. Eingeladen haben Olaf Scholz als G7-Vorsitzender und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen, für die Ukraine ist Ministerpräsident Denys Schmyhal dabei, Präsident Wolodymyr Selenskyj wird zugeschaltet. Dabei geht es um gewaltige Summen: Die Ukraine erwartet laut Selenskyj monatlich 500 Millionen Dollar allein aus Deutschland, das "in der Pflicht" stehe.
Bundeskanzler Olaf Scholz drückt aus, dass der Wiederaufbau keineswegs weniger imperialistisch vonstatten gehen wird wie der Krieg. Schon jetzt beginnt das Hauen und Stechen darum, wer hierbei die Nase vorne hat. "Das, worum es hier geht, ist nicht weniger als die Schaffung eines neuen Marshallplans für das 21. Jahrhundert", sagte Scholz, eine "Herausforderung für Generationen", und zwar international. Die "Hilfe" müsse öffentliche und private Finanzierungsstränge zusammenbringen. Die in Deutschland ansässigen internationalen Monopole scharren schon mit den Hufen, wenn sie an die satten Profite denken, die da winken, z.B. für die Bauindustrie. Krankenhäuser, Schulen, lebenswichtige Infrastruktur und Verkehrswege müssten wiederhergestellt werden. Die Weltbank habe die Schäden mit mehr als 350 Milliarden Euro beziffert.
Der Ukraine solle der Status eines EU-Beitrittskandidaten gegeben werden, man betreibe den Wiederaufbau für die Ukraine als EU-Mitglied. Vor Kriegsbeginn war der Ukraine bescheinigt worden, dass sie die Kriterien für eine EU-Mitgliedschaft auch nicht annähernd erfülle, zu viel Korruption, keine Pressefreiheit, Menschenrechte werden missachtet. Die diesbezügliche Lage hat sich nicht verbessert. Den Massen in der Ukraine hängt die gleichgeschaltete Berichterstattung durch das "TV-Marathon" zum Hals heraus. Am 17. August beschloss die Selenskyj-Regierung zwei Gesetze, die erkämpfte soziale und politische Rechte der Arbeiter und ihrer Gewerkschaften zerschlagen – gegen deren heftigen Protest. Aufgrund des Kriegsrechtes sind Demonstrationen und Streiks verboten. Systematisch verschleppten oder sabotierten der Präsident oder seine Mitarbeiter Versuche, zur Bekämpfung von Korruption geschaffene Behörden handlungsfähig und unabhängig zu machen.
Den westlichen Imperialisten geht es darum, die Ukraine vollständig in ihren Macht- und Einflussbereich zu integrieren.