Politik

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Die Fußball-WM in Katar und die Wanderarbeiter

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) wollte noch vor kurzem den Kritikern der Fußball-WM im neuimperialistischen Katar entgegenkommen.

Korrespondenz aus Gelsenkirchen

Sie forderte „menschenrechtliche Aspekte“ mehr zu beachten.

 

Nachdem deswegen der deutsche Botschafter in Doha einbestellt wurde, verkündete Faeser kleinlaut, es gehe ihr jetzt darum, „dass sich alle Fans sicher fühlen können“.¹ Ja klar: Als „gute“ Innenministerin kümmert sie sich vor allem um die „Gefühle“ der Besucher in Katar, weniger um die tatsächliche Situation der Wanderarbeiter in diesem Land. Dabei ist ihr bekannt, was der Bau der Kulisse der WM für die Wanderarbeiter bedeutet: Es geht um Lohndiebstahl, verdreckte Massenunterkünfte, Zwangsarbeit, das Verbot, sich in Gewerkschaften zu organisieren, und das sogenannte Kafala-System. Es knebelt den Arbeiter wie einen Leiharbeiter an seinen Ausbeuter: Er darf nur kündigen, wenn dieser ihm seine Zustimmung gibt. Da dieses Kafala-System offiziell seit 2020 zur Beruhigung der internationalen Kritik außer Kraft gesetzt wurde, jubelt FIFA-Präsident Gianni Infantino nun, es habe „unglaubliche Fortschritte“ für die Arbeiter in Katar gegeben.

 

Amnesty International schaute sich die Wirklichkeit nach dem Beschluss an und stellte fest, dass inzwischen die wenigen Fortschritte „wieder rückgängig“ gemacht wurden. Festzustellen ist nämlich, dass nach dem Rückgang der Einreise von Wanderarbeiter wegen Corona, allein vom 15. Mai bis 15 Juni 62 000 Arbeitsgenehmigungen für Wanderarbeiter aus Nepal genehmigt wurden, also 6000 pro Tag! Und es geht nicht nur um Wanderarbeiter aus Nepal. In Katar leben 2,7 Millionen Menschen, aber nur 270.000 haben einen katarischen Pass, 22 Prozent (594.000) der Einwohner sind Inder, etwa jeweils 337.000 sind Nepalesen und Bangladescher.²  Katar ist ein Land der Wanderarbeiter. Und es ist nicht das einzige. Überall auf der Welt sind die Arbeiter gezwungen, sich unter menschenunwürdigen Bedingungen ausbeuten zu lassen: von China bis Bolivien, von Pakistan bis zum Obstanbau in Süden Spaniens. Was das für eine Familie in Nepal bedeutet, wenn ein 30-jähriger Familienvater in einer Holzkiste aus Katar zurückkommt („Todesursache Herzinfarkt“) - Ministerin Faeser geht das nichts an.