Brasilien
„Die Mehrheit wählte Lula, um Bolsonaro abzuwählen, nicht aus Überzeugung“
Bei der Präsidentschaftswahl in Brasilien wurde gestern der Faschist Jair Bolsonaro abgewählt. Damit wurde erstmals ein brasilianischer Präsident nicht wiedergewählt. Das ist nach der Abwahl Trumps eine weitere Schlappe für die internationale Rechtsentwicklung. Die Polarisierung im Land hat sich weiter verschärft.
Trotz einer riesigen Medienkampagne und sozialer Demagogie konnte Bolsonaro nur 49,1 Prozent, 58,2 Millionen Stimmen, für sich mobilisieren.
Dafür war ihm jedes Mittel der Verleumdungen, Lügen, Fake-News bis hin zu tätlichen Angriffen seiner Anhänger, recht. Bis zum Redaktionsschluss erkannte Bolsonaro seine Niederlage nicht an. Immer wieder hatte Bolsonaro gedroht, dass „nur Gott“ ihn von seinem Amt ablösen könne. Er schürte auch selber Gerüchte über einen faschistischen Putsch zu seinen Gunsten. Hier ist weiter größte Wachsamkeit gegen eine akute Gefahr des Faschismus geboten!
Der Gegenkandidat, Lula da Silva, erhielt 50,9 Prozent der Stimmen. Er gewann die Wahl nur äußerst knapp.
Luis Carlos Prates (Mancha) vom Gewerkschaftsverband CSP Conlutas, ein Aktivist der Internationalen Automobilarbeiterkoordinierung, berichtet: „Die Mehrheit der Arbeiter wählte Lula, um Bolsonaro abzuwählen, nicht aus Überzeugung. Es gibt aber auch viele, die von der Demagogie angesteckt sind, die Lula mit dem Slogan 'Gemeinsam für Brasilien' verbreitet.
Die zweite Runde seit der ersten Wahl war extrem angespannt. Es gab täglich Demonstrationen. Die Bolsonaro-Anhänger sind teils militant und bewaffnet aufgetreten und haben eine bedrohliche Stimmung verbreitet.
Aufgrund der polarisierten Situation sind die Arbeiter in meinem Umfeld zufrieden, dass die Wahl für Lula ausgegangen ist, ohne dass wir uns damit zufrieden geben.“
Der Deutschlandfunk berichtet von einem Sieg des „linksgerichteten“ Lula. Was aber ist „linksgerichtet“ an einem Politiker, der wie kein zweiter den Aufstieg Brasiliens zu einer neuimperialistischen Macht verkörperte? In die Zeit seine ersten beiden Amtszeiten als Präsident von 2003 bis 2011 fällt die Mitgliedschaft im Bündnis der BRICS-Länder.¹ Landraub in den afrikanischen Ländern Angola und Mosambik im Interesse der mächtigen brasilianischen Agrarmonopole, Ausplünderung des kleinen Nachbarlandes Paraguay bei großen Wasserbauprojekten, Öffnung des Landes für das internationale Finanzkapital, Ausbeutung der Arbeiterklasse gehören dazu. Auch in seinen Amtszeiten wurde Regenwald vernichtet. Diese neuimperialistische Politik garnierte er mit verschiedenen sozialen Zugeständnissen.
Unter Lula wurde ein System der Korruption zur Perfektion erhoben, vor allem im Umkreis des staatlichen brasilianischen Ölkonzerns Pedrobras. Die Lula-Regierung war nie mehr als eine Dienstleisterin der Monopole.
Er war 2017 vor einer neuerlichen Wahl inhaftiert worden und für über ein Jahr im Gefängnis. Sicher war das auch von der politischen Rechten inszeniert, aber er war keineswegs das Unschuldslamm, als dass er sich produzierte.
Deshalb ist jetzt die Entwicklung der Klassenselbständigkeit der Arbeiterklasse gefragt. So flammten in den letzten Monaten Arbeiterkämpfe auf, die nicht von Lulas „Arbeiterpartei“ kontrolliert wurden. Es ist wichtig, dass sich auch in der Verarbeitung der Wahlen die Arbeiteroffensive herausbildet.
Die brasilianischen Revolutionäre stehen vor der Aufgabe, diesen Weg zu fördern, eine marxistisch-leninistische Partei aufzubauen und sich mit der Vorbereitung der internationalen sozialistischen Revolution zu verbinden.