Veranstaltung mit Werner Rügemer in Gelsenkirchen

Veranstaltung mit Werner Rügemer in Gelsenkirchen

Vom Putin- zum Xi-Jinping-Unterstützer

Am Abend des 28. Oktober hatte die Gelsenkirchener Linkspartei zu einer Veranstaltung mit dem Journalisten und Sachbuchautor Werner Rügemer eingeladen. Er war uns von früher als sachkundiger Kritiker der bürgerlichen Kommunalpolitik bekannt.

Von Anna Bartholomé

Moderiert hatte die Veranstaltung Ursula Möllenberg (DKP), die inzwischen einen Posten bei der mitveranstaltenden Marx-Engels-Stiftung inne hat. Bereits der Titel „Der US-geführte Kapitalismus gegen den 'Rest' der Welt“ ließ Böses ahnen – und das löste die Veranstaltung auch ein.

 

Schon in der Begrüßung wollte sich Ursula Möllenberg nicht zum Krieg in der Ukraine und der Rolle Russlands positionieren, sondern nur „seine Vorgeschichte“ darstellen lassen.

 

In endlos langen Ausführungen, mit vielen sicherlich im Einzelnen auch richtigen Fakten, führte Rügemer aus, dass die USA seit ihrer Entstehung die allmächtigen Herrscher der Welt sind. Mit dem Versailler Vertrag nach dem Ersten Weltkrieg und dann über NATO und Marshallplan nach dem Zweiten Weltkrieg, wolle sie sich heute - insbesondere mit ihren übermächtigen Finanzmonopolen wie Black Rock - das „Schlüsselland Ukraine“ aneignen. Sämtliche EU-Länder und auch Deutschland sind demnach von den USA abhängige und sich bereitwillig unterwerfende Vasallen.

 

Daraus folgert Rügemer einen „neuen Systemkonflikt“ zwischen dem „US-geführten westlichen Kapitalismus“ und dem Osten mit Russland und China als Gegenmodell.

 

Neben etwa 20 Teilnehmenden aus dem Umfeld von Linkspartei, VVN und DKP nahmen wir zu zweit an der Diskussion mit klaren Gegenpostionen teil.

 

Ohne klare Stellung zum Ukrainekrieg als von beiden Seiten ungerechten zwischenimperialistischen Krieg, kann auch kein erfolgreicher Kampf für den Frieden geführt werden. Der Begriff des „Systemkonflikts“ führt auf eine völlig falsche Fährte. Zwar sind die US-Imperialisten als einzige Supermacht Hauptkriegstreiber in der Welt, aber es gibt mittlerweile eine ganze Reihe imperialistischer Mächte, nicht zuletzt China und Russland, dessen Einmarsch in der Ukraine mit keinem Vordringen der NATO gerechtfertigt werden kann. Das ukrainische Selenskyi-Regime führt mit massiver westliche Hilfe einen Krieg stellvertretend für die NATO / US-EU-Imperialisten auf dem Rücken der Massen in der Ukraine.

 

China betreibt in erbitterter Konkurrenz zu den USA selber eine imperialistische Politik – und sieht sich dabei bei seinem Seidenstraßenprojekt, in den Erzgruben von Peru oder im von China dominierten griechischen Hafen von Piräus der kämpfenden Arbeiterklasse gegenüber.

 

Auch andere Teilnehmerinnen und Teilnehmer widersprachen und führten aus, dass die Motivation Russlands eine eindeutig chauvinistische und großrussisch-nationalistische sei, ob man nicht China als Staatskapitalismus qualifizieren müsse usw. Auch das bügelte Rügemer voller aggressiver Arroganz ab.

 

Ursula Möllenberg versuchte uns bei Zwischenfragen, zum Beispiel, was denn am heutigen China kommunistisch sei, als „Störer“ zu diffamieren, man wolle unter Linken keine „ideologischen Grabenkämpfe“. Aber natürlich geht es um weltanschauliche Grundpositionen! Zum Beispiel zur Rolle der Arbeiterklasse. Hier meinten die Veranstalter, die Arbeiterklasse existiere eigentlich nur noch als Prekariat und sei völlig wehrlos, zersplittert und müsse sich deshalb an die „einzige Systemalternative“ halten, nämlich China! Dass die Arbeiterklasse in vielen Ländern deutlich auf den Plan tritt, wird in der Blendung vom sozialimperialistischen China geflissentlich übersehen.

 

Ein DKPler führte aus, dass China sozialistisch-kommunistisch geführt werde, sehe man daran, dass sie ausdrücklich auf den Ersteinsatz von Atomwaffen verzichten (mein Einwurf: „Das wurde von Mao Zedong festgelegt“) und dass 400 Millionen Menschen aus bitterster Armut in einen relativen Wohlstand – im Gegensatz zu Indien – geführt wurden (mein Einwand: „Das war vor allem ein Erfolg der Revolution“); und schließlich beweise die Null-Covid-Politik der chinesischen Regierung, dass dort die Menschen wichtiger als der Profit seien..." Dabei wurden 300.000 Arbeiter bei Foxconn einfach eingesperrt, ohne ausreichende Nahrung und Medizin, nachdem es im größten Werk der Welt einen Corona-Ausbruch gegeben hatte. Ursula Möllenberg dazu: „Und sie wollen das Wohlergehen des ganzen Volkes und stehen kurz davor, das zu verwirklichen.“ Die Veranstaltung wurde ziemlich abrupt früh beendet.