Imperialismus

Imperialismus

„Wandel durch Handel“ oder die Legende von der friedlichen Außenpolitik

Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat angesichts des Überfalls Russlands auf die Ukraine sogar das Wort „Imperialismus“ in den Mund genommen. Natürlich nur für Russland. Die Außenpolitik des westlichen Staatenbündnisses ist ja „wertebasiert“. Geht man auf die Vorgeschichte des Krieges ein, handelt es sich nach der Lesart unserer Regierung um „Narrative¹ der russischen Propaganda“. So einfach ist das.

Von einem Korrespondenten aus Coburg
„Wandel durch Handel“ oder die Legende von der friedlichen Außenpolitik
Klare Kante beim diesjährigen Antikriegstag in Essen (rf-foto)

Bei unserer Betrachtung der Vorgeschichte dieses Krieges geht es aber nicht um „Narrative“ von Russia Today, sondern um den Nachweis, dass es sich bei diesem Krieg um einen von beiden Seiten ungerechten, imperialistischen Krieg handelt. Das Objekt der Begierde beider imperialistischer Räuber war und ist die Ukraine: das „zweitgrößte Land Europas mit umfangreichen Bodenschätzen, großen Flächen fruchtbarer Schwarzerde einer gut ausgebildeten Arbeiterklasse und zum Teil staatlichen und zum Teil in den Händen von Oligarchen konzentrierten Monopolen. Die Ukraine wurde direkt an der Grenze des russischen Imperialismus zu einer ernsthaften Konkurrenz.“²

Vom Freihandel zum Krieg

Bereits im Jahre 2012/2013 drängte die EU auf ein Freihandelsabkommen mit der Ukraine. dass es dabei weder um Demokratie, Rechtsstaatlichkeit oder freien Handel ging, offenbarte der Spiegel: „Der Kampf in der Ukraine ist einer zwischen dem russischen Präsidenten und der deutschen Kanzlerin.(...) Fast 25 Jahre nach dem Ende des kalten Krieges geht es darum, wer es schafft, die früheren Sowjetrepubliken der Region in seinen Einflussbereich zu ziehen. Es geht um Geopolitik, um das „Grand Design“, wie es die Experten gerne nennen.“³

 

Ziel dieses Großen Planes war es, die Nachbarländer in eine großeuropäische Wirtschaftszone einzugliedern.

Götterdämmerung über der neuen Weltordnung

592 Seiten

14,80 €

mehr Infos

Jetzt bestellen

Das war in der Ukraine nicht unumstritten. Der damalige Präsident weigerte sich 2013 dieses Abkommen mit der EU zu unterschreiben. Es hätte die Aufhebung der Neutralität bedeutet. Es sah die Verpflichtung auf eine „freie Marktwirtschaft“, die Abschaffung von Schutzzöllen und Handelshemmnissen, den Abbau staatlicher Subventionen, sowie die Liberalisierung des Kapitalverkehrs vor. Das hätte auch eine Gefährdung des Handels mit Russland bedeutet. Zudem bestand die Gefahr, ähnlich wie bei der Einverleibung der DDR, dass die Betriebe der Ukraine plattgemacht worden wären.

Der Krieg als die Fortsetzung der Politik

Es ging dabei nicht nur um wirtschaftliche Ziele, sondern auch um die militärische Einbindung. So heißt es in Artikel 10 dieses Abkommens. Die EU und die Ukraine „intensivieren ihre Kooperation und fördern die stufenweise Konvergenz auf dem Gebiet der Außen- und Sicherheitspolitik … insbesondere auf die wachsende Teilnahme der Ukraine an EU-geführten zivilen und militärischen Krisenmanagementoperationen.“ Gemeint sind hier Kriegseinsätze und die Einbindung in EU-Battlegroups. Das Abkommen sieht auch „gemeinsame Übungs- und Trainingsaktivitäten im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik“ vor. Das selbe gilt für eine enge Kooperation bei der Entwicklung neuer Waffen bis in den Weltraum hinein vor (Artikel 7 und 10).

 

Noch war aber das Assozierungsabkommen nicht durch. Wie sollte das gelingen? Die korrupte Regierung Janukowitsch war ohnehin unter den Menschen verhasst, was auch in den „Maidan-Protesten“ zum Ausdruck kam. Um das Ganze in eine prowestliche Richtung zu beeinflussen, unterstützten die USA und die EU, Deutschland voran, faschistische und antisemitische Gruppierungen. So traf sich der deutsche Botschafter in Kiew mit dem Führer der NPD-Bruderpartei Swoboda, Tjahnybok, und dieser versicherte im Rahmen dieses Treffens, Sowoboda werde „ihr Bestes geben, um den Weg für ein Assozierungsabkommen freizumachen.“⁴ Tatsächlich wurde der Weg freigemacht. Die neue Regierung Poroschenko unterzeichnete das Abkommen. Das Ergebnis war, dass die offizielle Armutsschwelle der Ukraine von 15 Prozent im Jahre 2014 auf 25 Prozent im Jahre 2015 stieg. Das Gesundheitssystem brach zusammen. Die Industrieproduktion ging dramatisch zurück. Der Handel mit Russland brach ein. 2019 gab es dann eine Verfassungsänderung, in deren Rahmen die strategische Ausrichtung auf Aufnahme in die EU und NATO beschlossen wurde. Die Regierung Selensky hat diese Politik nahtlos fortgesetzt.

Ausverkauf der ukrainischen Landwirtschaft

Die Ukraine verfügt über 32 Millionen Hektar Ackerboden bester Qualität, einem Drittel der Ackerfläche der Europäischen Union. Zögerlich gegen den Widerstand von zwei Dritteln der Bevölkerung wurde die bereits beschlossene Freigabe dieser Ackerflächen für ausländische Investoren, umgesetzt. Erst im März 2020 beschloss das ukrainische Parlament diese Land freizugeben. Seitdem wurden 1,15 Millionen Hektar an ausländische Investoren verkauft. Mit dem Krieg gingen die Landverkäufen explosionsartig nach oben. 85 Prozent dieser Verkäufe wurden seit Beginn des Krieges von Februar bis September getätigt. 85 Prozent der Investoren kamen dabei aus der EU und 13 Prozent aus den USA.

 

Stefan Engel stellt bereits 2003 in seinem Buch „Götterdämmerung über der 'neuen Weltordnung'“ fest: „Die tatsächliche Entwicklung widerlegt jede Vorstellung, die ökonomische Durchdringung als Hauptmethode des Imperialismus würde Kriege überflüssig machen und es könnte einen friedlichen Imperialismus geben.“⁵

 

Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Ökonomische Durchdringung und Kriege sind zwei Seiten ein und derselben Medaille der imperialistischen Politik.Es gibt eben nicht nur einen Aggressor. Das ist kein „Narrativ“, sondern eine Tatsache!