Leserbriefe

Leserbriefe

Debatte über Boykott der Fußball-WM in Katar

Die Rote Fahne Redaktion hat mehrere Leserbriefe erhalten, die fordern, sich von der Fußball-WM der Männer in Katar zu distanzieren und mehr über Boykott-Maßnahmen in Deutschland zu berichten.

"Mindestens 6700 Arbeiter sind beim Bau ums Leben gekommen", schreibt ein Leser aus Kassel. "Monatelang kein Lohn oder nie Lohn, kein Essen, kein Wasser, dreckige Unterkünfte. Keine medizinische Hilfe. Streiks von Arbeitern wurden unterdrückt. Und so weiter, und so weiter. WDR 5 Sport inside hat eine Serie gemacht unter dem Titel: "Die WM-Sklaven", die zu empfehlen ist. Vor diesem Hintergrund sind „gute sportliche Leistungen und spannende Spiele“ (so das Rote Fahne Magazin in einem insgesamt sehr kritischen Artikel zur WM. d. Red.) völlig unwichtig. Die Rote Fahne muss die WM in Katar ablehnen und sollte besser über deren Ablehnung und Boykotte bei uns berichten."

 

Ein anderer Leser schreibt: "Der Artikel im Rote Fahne Magazin 22/2022 erhärtet die Kritik an der Fußball-WM in Katar und endet damit 'aber trotzdem, mögliche gute sportliche Leitungen und spannende Spiele zu würdigen und das gemeinsame Anschauen auch dafür zu nutzen, den Blick für die Hintergründe der WM, imperialistische Machenschaften aufzuzeigen und anzugreifen'. Ich bin selbst Fußballfan. In unserem Partei-Kreis Zollernalb gehört es zur gemeinsamen Freizeitgestaltung, Fußball zu schauen. Aber - Diese WM sollten wir boykottieren! Die Masse der Fußballfans hat diese WM von Beginn an abgelehnt. Eine WM mitten im Winter, mitten in der Saison. Unnütze Stadien, die kein Mensch braucht, und für dessen Bau Arbeiter wie Sklaven behandelt werden. Energieverschwendung in gigantischem Ausmaß. Die Spitze des Eisbergs an Abartigkeiten des Profifußballs, der WM-Vergabe und Durchführung durch die FIFA.

 

Da vergeht nicht nur treuen Fußballfans der Spaß. Zurecht verzichten Städte auf Public-Viewing und viele Gastwirte lassen ihre Fußballkneipen zu und verzichten damit auf oft dringend benötigte Einnahmen. Auch auf die traditionellen Fußballwetten unter Kollegen hat keiner Lust. Wir können doch nicht hinter diese berechtigte Boykott-Bewegung unter den Massen zurückfallen! Die Logik, über die Schattenseiten und Hintergründe der WM zu berichten und zu diskutieren und sich trotzdem an spannenden Spielen zu erfreuen, folgt dem Opportunismus bürgerlicher Medien, mit dem diese 'schlimmste WM aller Zeiten' beschönigt wird. Ich bin während der WM für passendere Freizeitmöglichkeiten, z.B.  gemeinsam spannende Filme anzuschauen, selbst Sport treiben, Wandern … Das möchte ich mit diesem Leserbrief auch zur Diskussion stellen."

 

Eine repräsentative Umfrage im Auftrag der Sportschau und des ARD-Morgenmagazins hat ergeben, dass eine klare Mehrheit das Turnier ignorieren will. Weitere 15 Prozent wollen weniger Spiele als sonst gucken. Die Umfrage wurde am 8. und 9. November durchgeführt. Diejenigen, die dem Fußball grundsätzlich zugeneigt sind, die WM dennoch weniger intensiv oder auch gar nicht verfolgen möchten, stoßen sich in erster Linie an der politischen Situation im Austragungsland: Der Umgang mit den Gastarbeitern und die angespannte Menschenrechtslage vor Ort schlägt 41 Prozent auf die Stimmung. An zweiter Stelle mit 30 Prozent steht für die Ablehnung die undurchsichtige Vergabe durch den Weltfußballverband FIFA. Katar hatte das Turnier bekommen, obwohl die Bewerbung damals vom FIFA-Komitee als die schlechteste benotet wurde.

 

Die Redaktion begrüßt die Kritiken der Leserbriefe.