Stellungnahme der MLPD Berlin-Brandenburg

Stellungnahme der MLPD Berlin-Brandenburg

„Chaos-Wahl“ zum Berliner Abgeordnetenhaus muss vollständig wiederholt werden

Am 15. November 2022 entschied das Berliner Verfassungsgericht, dass die Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksparlamenten vom September 2021 vollständig wiederholt werden müssen. Wenige Tage vorher hatte der Bundestag beschlossen, dass in 327 von 2256 Wahlbezirken ebenfalls die Bundestagswahl wiederholt werden muss. Ein in der Geschichte des deutschen Parlamentarismus einmaliges Ereignis!

Von Landesleitung Berlin-Brandenburg der MLPD
„Chaos-Wahl“ zum Berliner Abgeordnetenhaus muss vollständig wiederholt werden
Das Rote Rathaus - Sitz des Berliner Senats (foto: Cezary Piwowarski (CC BY-SA 4.0))

Am 26. September 2021 fanden in Berlin zeitgleich die Bundestagswahl, die Wahl zum Abgeordnetenhaus und der Volksentscheid „Deutsche Wohnen und Co enteignen“ statt. Dabei kam es zu einem regelrechten Wahl-Chaos, von dem zehntausende Wähler betroffen waren. Teilweise mussten Wartezeiten von mehreren Stunden vor den Wahlbüros in Kauf genommen werden oder es konnte keine Stimme abgeben werden, weil Stimmzettel fehlten. Der RBB berichtete zusätzlich von auffällig vielen ungültigen Stimmen in 99 Wahlbezirken, was auf systemische Fehler bei den Wahlen zurückzuführen sei.

 

Kurz nach dem Gerichtsentscheid spielten sich großspurig alle Berliner Parteien als Retter der demokratischen Rechte der Bevölkerung auf. Dabei hatten sie bisher keinen Anlass gesehen, aus dem in allen Einzelheiten bekannten Chaos Konsequenzen zu ziehen. Das höchste Gut ihres damaligen Handels war, dass bereits 3 Tage nach der Wahl die Berliner Wahlleiterin zurücktreten musste.

 

Christa Wolfer, Landesvorsitzende der MLPD Berlin-Brandenburg und selbst Kandidatin zur Bundestagswahl 2021 in Berlin-Marzahn, sagte im Interview:

 

„Die MLPD wertet das Wahl-Chaos nicht in erster Linie als Ausdruck der Verfehlungen einzelner, wie etwa der ehrenamtlichen Wahlhelfer. Es ist vielmehr Ergebnis des pragmatischen Krisenmanagements aller bürgerlichen Parteien. Diese wussten z.B. schon im Vorfeld von falsch adressierten Kartons mit Wahlzetteln; dennoch wurde nichts unternommen. Auf die wachsende Vertrauenskrise der Massen ihnen gegenüber reagieren sie mit gegenseitigen Schuldzuweisungen und ihrer Unfähigkeit, die gesellschaftlichen Probleme zu lösen. Und das alles aktuell vor dem Hintergrund der horrend steigenden Inflation und der Gefahr eines Dritten Weltkriegs.

 

Die MLPD wird die geplanten Neuwahlen in einzelnen/verschiedenen Berliner Stadtbezirken nutzen, um die Menschen für den Kampf gegen die Abwälzung der Kriegs- und Krisenlasten auf die Massen zusammenzuschließen. Dazu gehört auch eine gesamtgesellschaftliche Auseinandersetzung um den echten Sozialismus als einzige Perspektive aus dem ganzen Krisenchaos.“

 

Seit der Abgeordnetenhaus-Wahl hat sich trotz eines rot-grün-roten Senats z.B. die Wohnungssituation für tausende Berliner weiter verschärft, auch wenn der Berliner Senat einzelne Zugeständnisse angekündigt hat. Diese sehen vor, dass in den sechs großen landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften ein Jahr lang auf Mieterhöhungen oder Kündigungen verzichtet werden soll. Der Volksentscheid wurde seitdem verschleppt, weil kein Interesse an dessen Umsetzung auf Kosten der Immobilienkonzerne besteht. Es herrscht akute Wohnungsnot, die die Spekulation weiter vorantreibt. So betrifft sie auch zahlreiche Studenten, die teilweise schon bis zu 400 € Miete für ein kleines Studentenzimmer zahlen müssen und in den letzten Tagen weitere Erhöhungen von 150 € und mehr bekommen haben. Die einzige Antwort, die die Berliner CDU dafür hat, war ihr Vorschlag, Brandenburg Flächen abzuwerben für ein Neubaugebiet als 12. Berliner Stadtteil. Die zunehmend dramatische Wohnungslage ist für den Generalsekretär der Berliner CDU, Stefan Evers, aber offenbar kein „Tiefpunkt für das Ansehen Berlins in Deutschland und der Welt“ [1], wie er sich nach der Urteilsverkündung zur Wahlwiederholung äußerte.

 

Auch SPD-Bürgermeisterin Franziska Giffey bemerkte lediglich, dass sie den Berlinerinnen und Berlinern in den nächsten Monaten zeigen wolle, dass der Berliner Senat sie gut durch die Krise bringe. Wie glaubhaft soll das aber sein, wenn der Senat nicht mal in der Lage ist, die zugrunde liegenden Probleme der Wahl 2021 aufzuarbeiten.

 

Regelrecht perfide ist auch, wenn sich u.a. die faschistoide Berliner AfD-Vorsitzende Kristin Brinker jetzt hinstellt und kommentiert: „Das Urteil stellt nun sicher, dass das Abgeordnetenhaus endlich rechtssicher zusammengesetzt ist.“ [2]. Sie ist sich anscheinende nicht zu schade, im Glashaus sitzend mit Steinen zu werfen, da man ja die eigene Verantwortung einfach rückwirkend verschweigen kann. So war die AfD mit für das Chaos bei den Wahlen verantwortlich, da sich über hundert Wahlhelfer aus ihrem Umfeld unmittelbar am Wahltag krank gemeldet hatten bzw. einfach nicht erschienen.

 

Die MLPD verankert, dass der „Protest links ist“, und jegliche Zusammenarbeit mit faschistoiden Kräften, wie der AfD ausschließt. Sie kritisiert aber auch, wenn Katina Schubert, Vorsitzende der Berliner Linken, lediglich erklärt, die Berlinerinnen und Berliner hätten „nun die Möglichkeit, darüber zu entscheiden, was ihnen angesichts der anhaltenden Krisen wichtig ist.“ [3]. Darüber entscheiden nicht in erster Linie Wahlen des bürgerlichen Parlamentarismus, sondern z.B. der gemeinsame Kampf zehntausender Kollegen, wie in der Tarifrunde der IG Metall, im langanhaltenden Kampf um bessere Arbeitsbedingungen bei der Charité oder in den Kämpfen der Berliner gegen horrende Mietpreise.