Statement von Anja Flach jetzt ungekürzt
"Wenn ich dann die Außenministerin mit nem Schildchen 'Jîn, jiyan, azadî' (Frauen, Leben, Freiheit) rumlaufen sehe ... "
Unmittelbar vor der Protestkundgebung in Hamburg gab Anja Flach, Moderatorin der Protestveranstaltung und Vertreterin von Gemeinsam Kämpfen und dem Rojbin Frauenrat, für Rote-Fahne-News ein Statement.
„Wir sind heute hier am Hachmannplatz, um gegen die Angriffe der türkischen Armee, die gestern Nacht und heute Morgen auf Rojava begonnen haben zu protestieren. Es wurden verschiedene Städte bombardiert. Es soll 27 Tote geben, darunter Zivilisten und Zivilistinnen. Auch 14 Soldaten der syrischen Armee wurden bei diesen Angriffen getötet.
Die türkische Armee behauptet, dass das die Vergeltung für den faschistischen Anschlags vor wenigen Tagen in Istanbul sei, der einer angeblich kurdischen Frau zugeordnet wurde. Die Frau ist aber weder kurdisch, noch kommt sie aus Kobanê, sie kommt das Idlib. Also ist völlig klar, dass das eine Zweckoperation der türkischen Armee war, um einen Vorwand zu haben, Rojava anzugreifen. Gleichzeitig mit Rojava wurde auch in Südkurdistan bombardiert, im Assosgebirge und im Kandilgebirge, wo die Guerilla sich aufhält.
Heute morgen gab es noch einmal einen zweiten Angriff auf Kobane. Dazu muss man sagen: dazu hat auch die russische Regierung ihre Zustimmung gegeben, die haben die Lufthoheit dort. Die NATO muss auch zugestimmt haben, zumindest die US-Armee. Die ist ja in Derik/Syrien stationiert. Und gleichzeitig finden auch ganz große Aufstände im iranischen Teil von Kurdistan statt, also in Ostkurdistan, in Mahabat. Da ist wirklich eine revolutionäre Stimmung. Die Leute haben kurdische Städte unter ihre Kontrolle gebracht und auch da bombardiert die iranische Armee mit Artillerie in die Städte rein. Es gibt dort auch Tote unter den Zivilisten.
Also wir sind sehr aufgebracht und sehr traurig auch und müssen an unsere Genossinnen und Genossen in Rojava denken, die ja schon 2016 den IS besiegt haben, dann jetzt mit so viel Mühe alles aufgebaut haben und jetzt das wird schon wieder in Schutt und Asche gebombt. Das Ziel dieses Angriffs ist natürlich auch ein innenpolitisches. Erdogan sieht seine Felle wegschwimmen und versucht jetzt wieder alle hinter der türkischen Fahne zu vereinen und hinter der türkischen Armee.
Ja, es gibt weltweit viel Solidarität für uns. Und doch bin ich immer wieder überrascht, wie gut doch diese Propaganda der türkischen Armee unter den Türken selber wirkt. Die Medien in der Türkei sind absolut gleichgeschaltet. Man kann da letztlich nicht durchdringen. Es gibt dort keine freie Presse. Umso schlimmer ist es, dass die deutsche Presse überwiegend unisono die Lügen von Erdogan und der türkischen Regierung wiederholt. So die Behauptung, dass die PKK oder YPG und YPJ hinter dem Anschlag stünden.
Wenn die Bundesregierung die Menschenrechte ernst nähme, wie sie das immer behauptet, müsste sie alle diplomatischen Beziehungen zur Türkei abbrechen. Stattdessen fährt Innenministerin Faeser jetzt in die Türkei, um Erdogan in seinem angeblichen Kampf gegen den Terrorismus zu unterstützen. Genauso wie die deutsche Regierung die Menschenrechtsverletzungen in Russland oder China verurteilt, müsste sie das auch gegenüber der Türkei machen. So ist, was sie tut, reine Heuchelei.
Gestern waren wir beim Landesparteitag der Grünen und haben protestiert gegen ihre Politik, die sich auch noch „Feministische Außenpolitik“ schimpft und wenn ich dann die Außenministerin mit nem Schildchen „Jîn, jiyan, azadî“ (Frauen, Leben, Freiheit) rumlaufen sehe, dann wird mir wirklich speiübel angesichts dieser Heuchelei.