Danach breite antifaschistische Bewegung
Vor 30 Jahren: Faschistischer Brandanschlag in Mölln
Am 23. November 1992 starben im schleswig-holsteinischen Mölln zum ersten Mal nach der deutschen Wiedervereinigung Opfer faschistischer Brandanschläge: Die zehnjährige Yeliz Arslan, die 14-jährige Ayse Yilmaz und die 51-jährige Bahide Arslan, die versucht hatte, die beiden Kinder aus den Flammen zu retten.
Die damals 19 bzw. 25 Jahre alten Neonazis Lars C. und Michael P. hatten Brandsätze in zwei von türkischen Familien bewohnte Häuser geworfen und ihre niedrige rassistische Gesinnung bis zum vorsätzlichen Mord getrieben.
Der Anschlag war Teil einer unter den Augen des Staatsapparats 1991 begonnenen Welle neofaschistischen Terrors: „Allein 1992 gab es 17 Tote und 2500 Anschläge. Der Höhepunkt war erreicht, als im Mai 1993 in Solingen fünf türkische Frauen und Kinder bei einem Brandanschlag ermordet wurden. In der Anfangsphase nutzten die Herrschenden das Aufkommen neofaschistischen Terrors und faschistischer Hetze für eine Stimmungsmache in den Massenmedien gegen die wachsende Zahl von Asylbewerbern, um ihre reaktionären Asyl- und Ausländergesetze durchzupeitschen. Offen konnten die neofaschistischen Führer im Rahmen einer vermeintlich ,kritischen' Berichterstattung ihre Hetze fast täglich über den Äther verbreiten.“ (1)
In Mölln meldete sich unmittelbar nach der Tat ein anonymer Anrufer bei Polizei und Feuerwehr und schloss seine Brandmeldungen mit den Worten „Heil Hitler!“. Die Täter wurden wenige Tage später festgenommen, gestanden das Verbrechen und wurden im Dezember 1993 zu lebenslänglicher Haft bzw. zu zehn Jahren nach dem Jugendstrafrecht verurteilt.
Zuvor hatte der Generalbundesanwalt das Verfahren an sich gezogen, da der Anschlag dazu bestimmt gewesen sei, „die innere Sicherheit der Bundesrepublik zu beeinträchtigen.“ Dieses Vorgehen bestätigte die damalige Einschätzung der MLPD, die vor Panikerscheinungen auf Seiten der kleinbürgerlichen Linken warnte, die eine akute faschistische Gefahr beschwor: „Man muß nüchtern sehen, daß die Herrschenden zwar ein Interesse daran haben, die Arbeiterklasse zu desorientieren, einzuschüchtern und zu spalten. Andererseits müssen sie darauf achten, daß ihr internationales Ansehen nicht allzu stark in Mitleidenschaft gezogen wird." (2)
Es entstand die breiteste antifaschistische Massenbewegung, die Deutschland je gesehen hatte. Allein von August 1992 bis Februar 1993 gingen sieben Millionen Menschen auf die Straße. Die von der MLPD dabei vertretenen Forderungen nach „Verbot aller faschistischen Organisationen“ und dem „Verbot der faschistischen Propaganda“ setzten sich im antifaschistischen Kampf zunehmend gegen die von den Grünen und der damaligen PDS aufgebrachten versöhnlerischen Losungen durch.
Allerdings war von dem sich in dieser Zeit herausbildenden bürgerlichen Antifaschismus keinerlei konsequentes Vorgehen zu erwarten. Die Täter von Mölln wurden beide vorzeitig entlassen, Lars C. bereits 2000, Michael P. 2007. Ein Überlebender des Anschlags, der zur Tatzeit siebenjährige Ibrahim Arslan, kritisiert heute die offizielle Gedenkpolitik, weil „die Stadt Mölln versucht, das Gedenken zu vereinnahmen“ und nie mit den Betroffenen selbst darüber beraten worden sei (Interview im NDR).
Die Situation heute hat sich zudem geändert: Auch in Deutschland gibt es, wie in den meisten europäischen Ländern und in den USA, eine forcierte Rechtsentwicklung der Gesellschaft, nehmen Militarisierung und Faschisierung des Staats zu. Dabei tarnt sich die hässliche Fratze des Neofaschismus heute unter „rechtskonservativem“ AfD-Gehabe, zwischen „Querdenkern“, Verschwörungstheoretikern und angeblichen „Friedensfreunden“. Brandanschläge sind momentan eher nicht ihr Mittel der Wahl. Und zum notwendigen Aufbau einer antifaschistischen und antiimperialistischen Einheitsfront steht geduldige und kontinuierliche Bewusstseinsbildung über die Ursache von Faschismus und Krieg im imperialistischen Weltystem auf der Tagesordnung!