Wie "sozial" ist die AfD?
AfD-Politiker fordern Zwangsarbeit für Erwerblose
Die medial groß inszenierte Diskussion um verschiedenste Preisdeckel oder -bremsen kann nicht verdecken: Die Kosten der Kriegsvorbereitung wie auch des Krisenmangements zur Subventionierung der Konzernprofite werden auf die Massen abgewälzt.
Die zweistellige Inflation führt zum Reallohnverlust. Selbst offizielle Statistiken beziffern ihn auf über 5 %. Die für den Sommer 2023 angekündigte Rentenerhöhung schwächt in Wahrheit - ebenso wie die Einführung des Bürgergelds - die realen Einkommensverluste lediglich leicht ab. Kein Wunder also, dass immer mehr Menschen gegen diesen Kurs aufbegehren. In dieser Situation zieht die AfD mit dem Thema „Armut, Inflation & Krieg“ durch die Lande und verspricht den Menschen: „Wir stehen an deiner Seite“. Was nach Kumpel klingt, ist aber doch etwas anders gemeint.
Der Co-Vorsitzende der AfD, Tino Chrupalla, forderte im Juli in der Sendung Berlin direkt, unter den Arbeitslosengeld-II-Beziehern müsse es doch genügend Leute geben, die "die Koffer aus dem Flugzeug aufs Band legen" können." Auf die Nachfrage von Moderator Matthias Deiß, ob Chrupalla die Arbeitslosen „zwangsverpflichten“ wolle, bestätigte das der AfD-Spitzenpolitiker, ohne dieses Wort selbst in den Mund zu nehmen." ("DER WESTEN 27.7.22) Statt gegen Niedriglöhne zu protestieren, sollen nach AfD-Logik Arbeitslose noch krasser zur Arbeit zugunsten der Konzernprofite zwangsverpflichtet werden. An wessen "Seite" die AfD steht, wird hier gut deutlich.
Schon im Januar 2020 stimmte der Chef der sächsischen AfD, Jörg Urban, auf einer Veranstaltung seiner Partei dem Gastredner zu, als dieser forderte, Empfängerinnen und Empfängern staatlicher Transferleistungen das Wahlrecht abzuerkennen. Künftig solle man sich zwischen sozialen Leistungen und Wahlrecht entscheiden. Da passt die Äußerung im Bundestag zur Bürgergeld-Debatte, dass Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger zur "Bürgerarbeit" herangezogen werden sollen. Wenn sie die nicht machen, soll es "kompletten Leistungsentzug" geben (AfD-Abgeordneter Kleinwächter).
Der ausgeprägte Niedriglohnsektor in Deutschland ist für Monopole und Staat die wichtigste "Errungenschaft" der verhassten Hartz-Gesetze. Er ist schuld daran, wenn es Hungerlöhne gibt, wo der Unterschied zum Bürgergeld dann in bestimmten Fällen tatsächlich nicht groß ist. Soll man dann das Bürgergeld noch niedriger und die Bedingungen dafür noch unsozialer machen, wie es die AfD und Teile von CDU/CSU wollen? Nein, durch die Abschaffung der Niedriglöhne, durch angemessene Lohnerhöhungen und eine sofortige Teuerungszulage für die arbeitenden Menschen. Weg mit den Hartz-Gesetzen! Zahlung des Arbeitslosengeldes I für die gesamte Dauer der Arbeitslosigkeit! Erhöhung der Sozialleistungen um 20 Prozent!
Wie unsozial die AfD ist, dafür spricht auch ihr Abstimmungsverhalten im Bundestag Bände:
- Finanzielle Aufstockung des Kita-Ausbaus - ABGELEHNT
- Mindestvergütung für Auszubildende - ABGELEHNT
- Mehr Investition in Ganztagsbetreuung – ABGELEHNT
- Entlastung von Geringverdiener*innen durch Reduzierung von Sozialversicherungsbeiträgen - ABGELEHNT
- Mütterrente – ABGELEHNT
Die Liste ließe sich fortsetzen.
Die AfD hetzt pauschal gegen alle Arbeitslosen. Natürlich gibt es auch darunter schwarze Schafe. Aber: Die große Mehrheit würde gerne arbeiten. Wenn aber z.B. einem älteren gehbehinderten Arbeitslosen ein Job vermittelt werden soll, bei dem er acht Stunden am Tag stehen müsste, oder einer alleinerziehenden Mutter eine Stelle mit einem Arbeitsweg von zwei Stunden täglich, dann ist diese Arbeit ganz einfach unzumutbar. Ungefähr ein Drittel der arbeitslosen Menschen in Deutschland können nur eingeschränkt arbeiten. Was die AfD auch verschweigt: 2021 waren nur rund 42 Prozent der erwerbsfähigen Empfänger von Arbeitslosengeld II überhaupt arbeitslos. Der Rest stand dem Arbeitsmarkt aus verschiedenen Gründen formal nicht zur Verfügung oder nahm an einer Fördermaßnahmen teil. Jeder fünfte ALG II-Bezieher arbeitet und stockt die zu geringen Löhne auf. Egal. Lasst sie alle Koffer tragen ...
Die Krise der bürgerlichen Ideologie und des Opportunismus
Fundierte Kritik zur faschistischen völkischen Ideologie - Seite 232ff
268 Seiten, 17,50 €
Das neue Bürgergeldsystem sei ein "Magnet für illegale Migration", tönte der Abgeordnete Kleinwächter in der Bundestagsdebatte zum Bürgergeld. Das ist Spaltung pur zwischen Migranten und Einheimischen, zwischen Arbeitslosen und Arbeitenden! Was hört man von der AfD gegen Abschiebungen von Migranten, die seit Jahren in Deutschland leben, arbeiten und von einem Tag auf den anderen - zum Teil direkt von der Arbeitsstelle weg - abgeschoben werden? Was die AfD völlig verschweigt: Als Flüchtling bekommt man gar kein ALG II!
Unter dem AfD-Motto „Unser Land zuerst“ wärmt die AfD die Mär vom faulen Arbeitslosen auf, dem per Arbeitszwang erstmal wieder richtige Gesinnung und deutsche Tugenden beigebracht werden müssen.
Aber nicht nur mit den Faulen im Lande befasst sich die AfD, sie hat ihr Herz auch für den Wohnungsbau entdeckt - in Anbetracht horrend steigender Mieten und von mehr als 29.000 Zwangsräumungen in 2021 ein wirklich brennendes Thema. Mit ihrem Antrag an den Bundestag vom 18.2.2022 „Für bezahlbares Bauen und Wohnen – neue deutsche Wohnungsnot stoppen“ hat die AfD auch gleich die Hauptschuldigen am fehlenden bezahlbaren Wohnraum ausgemacht – den Umweltschutz. Ziemlich verklausuliert fordert sie, alle Maßnahmen zurückzunehmen, die die Kosten von Bauen und Wohnen „im Zusammenhang mit dem verkündeten Narrativ des vermeintlichen Klimaschutzes künstlich in die Höhe treiben.“
Narrativ bedeutet „wertstiftende Erzählung“ oder anders gesagt: die Notwendigkeit des Klimaschutzes gehört für die AfD ins Reich der Legenden. Für diese Art von Ignoranz gibt es allerdings nur einen Gewinner: das sind die Konzerne, die etwa mit der Verbrennung fossiler Brennstoffe oder mit der Autoproduktion Maximalprofite einfahren. Dagegen interessiert sich die AfD einen feuchten Kehricht für die Menschen, die wie an Ahr und Erft, mit der Hochwasserkatastrophe im letzten Jahr alles verloren haben.
Was man auch anpackt von der AfD-Programmatik, von ihren Sprüchen von Heimattreue und Deutschland zuerst – übrig bleibt unterm Strich der Versuch, die Arbeiterklasse und die Massen mit sozialer Demagogie zu ködern und mit nationalistischen Sprüchen zu spalten, zu verwirren und gegeneinander aufzuhetzen. Die Profitmacherei der Konzerne soll dagegen ungestört weiterlaufen. Mit ihrem Trick, sich sozial zu geben und Rechtsaußen zu landen fungiert die AfD als Wegbereiter des Faschismus.