Betriebsversammlung bei Mercedes in Stuttgart
Im Zeichen der Verarbeitung der Tarifrunde und Luxusstrategie
3600 Kolleginnen und Kollegen von Mercedes-Benz waren zur Betriebsversammlung in die Stuttgarter Schleyerhalle gekommen, was bei früheren Besuchen von Konzernchefs, wie aktuell Ola Källenius, schon deutlich mehr waren.
Der Betriebsratsvorsitzende, Michael Häberle, forderte bei seinem Jahresrückblick angesichts der Rekordgewinne von Mercedes eine Rekord-„Ergebnisbeteiligung“; als Ergänzung zum Tarifabschluss. Im Mittelpunkt stand die gerade von Betriebsrat mit der Werksleitung abgeschlossene Standortvereinbarung und damit die Zukunft der Arbeitsplätze im größten Verbrenner-Motorenwerk des Konzerns.
Die Verdoppelung der Großserienmodule für den E-Antrieb von einer Million für die Fertigung und Montage im Endausbau 2024 sei ein „Riesenerfolg“. Doch „diese Kapazität entspricht der Hälfte der heutigen Jahresproduktion bei PKW“¹. Auch weiß der Betriebsrat, dass der Arbeitsumfang bei den E-Antrieben, die 2027 die Verbrennermotoren ganz ablösen sollen, erheblich geringer ist. Um die heutigen Arbeitsplätze in der Produktion zu sichern, wurde deshalb „Insourcing“ vereinbart; also die Rückholung von Arbeitsprozessen und Produkten. Das geht aber auf Kosten der Arbeitsplätze der dort Beschäftigten! Auch sprach Häberle nicht davon, dass es bereits jetzt eine schleichende Arbeitsplatzvernichtung gibt. So erinnerte ein IG-Metall-Vertrauensmann bei der Aussprache daran, dass die Standortzusage für den Standort Sirnau von der Werksleitung in die Tonne getreten wurde.
Gewisse Zugeständnisse bei der Standortvereinbarung sollen deshalb die Arbeiter in Ruhe wiegen. Unterstützung bekam Mercedes dabei auch von Oliver Hillburger vom faschistischen „Zentrum Automobil“, der das Verhandlungsergebnis unterstützt.
Als Källenius angekündigt wurde, blieb der Applaus zu seiner Begrüßung aus. Denn seine Luxusstrategie stößt auf viel Kritik. So gab es bei der Begrüßung und Kurzansprachen vor der Halle durch die MLPD zustimmendes Nicken, wenn es hieß: „Heute habt Ihr Gelegenheit, Källenius deutlich zu machen, dass Ihr seine Luxusstrategie ablehnt. Sie ist nur gut für die Großaktionäre, aber schlecht für unsere Arbeitsplätze!“. Darauf war Källenius aber eingestellt, weshalb er die Konzentration auf die profitbringendsten Luxus-Limousinen als Zukunftssicherung verkaufte. „Oben ist die Luft besser“ - denn die Reichen könnten sich auch in Krisenzeiten Nobelkarossen leisten. Als oberster Manager weiß er, von was er spricht. Mit den Extraprofiten könne Mercedes die Investitionen für die E-Mobilität und Digitalisierung stemmen, als „gesellschaftlicher Auftrag“ zur „Rettung der Welt“ - so das Luxus-Greenwashing von Källenius! Indem er die Arbeiter daran packte, dass sie tolle Autos bauen und drei Krisenjahre gemeistert hätten, konnte Källenius bei Teilen der Zuhörer punkten.
Bei der Aussprache war ein wichtiges Thema der Tarifabschlusses. Der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende begründete die Ablehnung des Verhandlungsergebnis durch die Vertrauensleute, hielt aber den Abschluss für das Ergebnis eines demokratischen Prozesses. Als die Zentrums-Frau die Kritik am faulen Abschlusses missbrauchte, um die Kollegen aufzufordern, aus der IG Metall auszutreten, gab es viele Buhrufe. Ein Kollege zog dagegen den Schluss, jetzt selbständig für einen Lohnnachschlag von 500 Euro pro Monat zu kämpfen. Die Kollegen sollten sich nicht mit einer Sonderzahlung zufriedengeben, die von der Geschäftsentwicklung abhängt. Vielmehr gelte es, als Mercedes-Beschäftigte, Pilotbetrieb für eine Lohnnachschlags-Bewegung zu werden!