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EU-Korruption: Spitze eines Eisbergs

Der Korruptionsskandal im Europäischen Parlament hat europaweit bei den bürgerlichen Politikern zu großer Bestürzung geführt. Haben sie doch stets versucht, der EU ein demokratisches, soziales, friedliches und umweltfreundliches Mäntelchen umzuhängen.

Von fjs
EU-Korruption: Spitze eines Eisbergs
Euro-Plastik vor dem alten Gebäude der Europäischen Zentralbank in Frankfurt (Foto: Kiefer from Frankfurt, Germany)

Angesichts der aktuellen politischen Krise der EU befürchten sie, dass das sowieso schon angekratzte Image weiteren Schaden nimmt. Schnell soll die Affäre abgehandelt werden. Die Vizepräsidentin Eva Kaili aus Griechenland wurde ihres Amtes enthoben. Die SPD-Europabgeordnete und  Vizepräsidentin Katarina Barley versuchte in der Tagesschau zu beschwichtigen: Es gibt halt leider Menschen, die sich bestechen lassen. Nicht nur wie aktuell in der sozialdemokratischen Fraktion, sondern auch in der Union wie bei der Maskenaffäre und den Impfstoffen.

 

Also alles nur Einzelfälle? Die Ermittlungen richten sich aber gegen Korruption, Geldwäsche und sogar kriminelle Vereinigung. Bestimmt wird noch mehr von diesem Sumpf ans Tageslicht gespült. Die Präsidentin des EU-Parlaments gibt sich in den Medien schockiert: „Die europäische Demokratie wird angegriffen.“ Wirklich? Sind diese kriminellen Machenschaften nicht nur die Spitze eines Eisbergs? Ist die ganz legale Bestechung nicht fester Bestandteil des gesamten Systems und entlarvt die Heuchelei von Demokratie? Das fängt schon bei der ganzen privilegierten Daseinsweise der Europaparlamentarier an: Besoldung, Büros, Dienstwagen, Mitarbeiterstab, Dienstreisen ...

 

Der gemeinnützige Verein lobby controll deckte auf: Auf etwas mehr als 700 Abgeordnete kommen 25 000 sogenannte Lobbyisten. Sie verfügen über ein Jahresbudget von 1,5 Milliarden Euro. Sie besitzen privilegierten Zugang zu den Kommissaren als den Entscheidungsträgern. Sie reichen Gesetzesvorlagen oder Änderungen ein. Das ist „Demokratie live“! Nach den Öl-, Gas-, Automobil- und Chemiemonopolen sind aktuell die digitalen Technologiekonzerne zu den größten Lobbyisten geworden. Mehr als 97 Millionen Euro geben die digitalen Monopole jedes Jahr für Lobbyarbeit bei europäischen Institutionen aus. An der Spitze der Rangliste stehen Google, Facebook und Microsoft mit jeweils über 5 Millionen Euro.

 

Was nützen die von Brüssel viel gelobten Transparenz- und Anti-Korruptions-Maßnahmen! „Wir haben sehr klare Regeln für alle Kommissare und schauen uns das an“, posaunte die EU-Präsidentin von der Leyen auf die Frage nach möglichen Interessenskonflikten ihres Stellvertreters Schinas. Es gibt tausend weitere Kanäle, über Geschenke, Vergünstigungen, Pöstchen usw. So kassiert der für Außenpolitik zuständige EU-Kommissar Josep Borrell zusätzlich zu seinem Monatsgehalt von mehr als 20.000 Euro sogar auch noch eine Pension. Der frühere deutschen EU-Kommissar Günther Oettinger hat nach seiner Rückkehr nach Deutschland sofort neue lukrative Jobs bekommen. Das ist der ganz normale "demokratische" EU-Alltag.

 

Über die EU setzen die führenden Monopole ihre Wirtschafts-, Finanz- und Machtinteressen durch. Die EU ist ein imperialistisches Staatenbündnis trotz bestimmter Widersprüche. Nur so sind sie in der Lage, in dem verschärften imperialistischen Konkurrenzkampf mit den USA und den neuimperialistischen Staaten wie China, Russland u.a. um die Vorherrschaft in der Welt mitzumischen. Sie sind an dem Krieg zwischen Russland und der Ukraine militärisch beteiligt und bereiten sich auf einen Dritten Weltkrieg vor. Mit ihren Sanktionen unterstützt die EU den Wirtschaftskrieg gegen Russland. Die Krisen- und Kriegslasten sollen auf die Massen abgewälzt werden. Was für die Monopole wachsende Profite bedeutet, führt zu wachsender sozialer Armut für die Massen. Die EU sozial und friedlich zu gestalten, diese Illusion von Grünen und Linken scheitert an der Wirklichkeit.

 

Es geht auch nicht nur um die Begrenzung der Einflussnahme durch Lobbyisten. Es geht um die Diktatur des Finanzkapitals und die ist nicht reformierbar. Auch ultrareaktionäre und faschistoide Kräfte versuchen, die Gunst der Stunde zu nutzen. Doch ihre Kritik an der EU  zielt darauf ab, den Imperialismus wieder stärker national zu organisieren, verbunden mit aggressiver Aufrüstung und Verschärfung der Ausbeutung und Unterdrückung. Dagegen richtet sich die fortschrittliche Kritik an der EU gegen ihren imperialistischen Charakter. Sie tritt ein für internationale Solidarität, für die länderübergreifende Koordinierung und Revolutionierung der Arbeiterkämpfe, für den weltweiten Zusammenschluss der Massenbewegungen und des aktiven Volkswiderstands - für Frieden, Freiheit und Sozialismus. So ist bei den Europawahlen 2019 das Internationalistische Bündnis mit der revolutionären Arbeiterpartei MLPD als eine seiner Trägerorganisationen angetreten unter der Losung: „Rebellion gegen die imperialistische EU! Hoch die internationale Solidarität!“ Die ICOR Europa (Internationale Koordinierung revolutionärer Parteien und Organisationen) hat mit 11 beteiligten Organisationen eine erste gemeinsame Kampagne gegen den EU-Imperialismus durchgeführt. Das war ein wichtiger und sehr erfolgreicher Schritt zum Aufbau der internationalen Solidarität. Gegenwärtig kommt dem weiteren Aufbau  der antiimperialistischen und antifaschistischen internationalen Einheitsfront besondere Bedeutung zu.