Weltkriegsgefahr
„Friedensratschlag“ auf Abwegen
Am 10. und 11. Dezember fand in Kassel der jährliche „Friedensratschlag“ statt mit dem Hauptthema „Globale Umbruchsituation und neue Weltordnung“. Die hauptsächlichen Kräfte der alten Friedensbewegung - großteils aus dem Umfeld von DKP und Linkspartei - orientierten auf eine angeblich neue und angeblich demokratischere multipolare Weltordnung.
Die multipolare Weltordnung herrscht schon seit einiger Zeit vor, wie die MLPD 2017 analysiert hat [1]. Das Aufkommen neuimperialistischer Länder macht den Imperialismus allerding keineswegs friedlicher, sondern hat zur jetzigen akuten Weltkriegsgefahr maßgeblich beigetragen.
Jörg Kronauer (Autor u.a. bei Junge Welt und UZ) verstieg sich gar dazu, einen „Epochenbruch“ zu verheißen, wenn mit der alleinigen Hegemonie der USA die „Herrschaft einer Milliarde über sieben Milliarden“ und damit die Epoche von 500 Jahren Kolonialismus zu Ende gehe. Wieso ausgerechnet mit dem Aufstieg Chinas und weiterer BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika), die überwiegend ultrareaktionäre bis faschistische Regierungen haben, eine Demokratisierung über die Welt kommen soll, das konnte und wollte niemand näher erläutern. Vielmehr betreiben doch auch diese Länder neokolonialistische Ausbeutung und Unterdrückung anderer Länder. Auch ist es eine absurde Behauptung, dass auf der Welt eine Milliarde Menschen herrschen würden. Es ist doch vielmehr so, dass etwa 500 internationale Übermonopole ihre Alleinherrschaft auf der Welt errichtet haben. Und in den USA gibt es wie überall auf der Welt Herrschende und Beherrschte, gibt es den Klassenwiderspruch zwischen der Arbeiterklasse und dem Finanzkapital.
Über die Herausbildung der neuimperialistischen Länder
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Mehrere (nicht alle) Redner betonten, dass die Imperialismus-Theorie von Lenin überholt sei und dass der heutige Kapitalismus durchaus friedensfähig sei. Der Workshop über „EU-Interessen“ wurde von Reiner Braun geleitet, der sich für die „Selbstbehauptung“ Europas und „Souveränität“ Deutschlands stark macht. Der deutsche und der EU-Imperialismus sind aber keineswegs friedlicher als der Hauptkriegstreiber USA, sie sind lediglich in einer anderen Position im imperialistischen Weltsystem.
Zu solchen sozialchauvinistischen Positionen passt es dann, dass die Abgrenzung zu Faschisten und Querdenkern bei dem Ratschlag höchst umstritten war. Auf dem Podium vertrat lediglich Ulrich Schneider von VVN-BdA eine klare Position: „Die Tür nach rechts muss zu bleiben“. Dem entgegnete ein Vertreter von IPPNW (Internationale Ärzte gegen Atomtod) Braunschweig, man müsse Türen öffnen statt zu schließen. Ein Vertreter der Neuen Rheinischen Zeitung forderte gar „Solidarität mit Michael Ballweg“, der als Anführer von „Querdenken“ Kontakt mit der Reichsbürger-Szene aufnahm und der wegen Verdachts auf Betrug und Geldwäsche in Untersuchungshaft sitzt.
Fritz Hofmann vom Koordinierungsausschuss der neuen Friedensbewegung wies das scharf zurück und fragte, wieso es für eine solche Forderung noch von einem Teil der Anwesenden Beifall gab. Herrmann Kopp von der Marx-Engels-Stiftung entgegnete vom Podium: „Ich bin gegen Ausgrenzung. 'Keine Zusammenarbeit mit Nazis' ist falsch!“ Er forderte ausdrücklich „Zusammenarbeit mit allen, die für Frieden in der Ukraine und gegen Sanktionen sind.“ Auch dafür gab es wieder Beifall von einem erheblichen Teil der Teilnehmer. Bei diesem Ratschlag dominierte die Strömung in der Friedensbewegung, die auf eine sozialchauvinistische Unterstützung Russlands orientiert und dazu mehr oder weniger bereit ist, sich auch mit rechten Kräften bis hin zu Faschisten zu verbünden. Ausdrücklich hat Herrmann Kopp das „Nationalkomitee Freies Deutschland“ von 1943 als Vorbild empfohlen, das auch NSDAP-Mitglieder einbezogen habe. Einbezogen wurden aber nicht Faschisten, sondern Leute mit einem wachsenden Widerspruch zum Hitlerfaschismus und zum Zweiten Weltkrieg. Zusammenarbeit mit Faschisten ist Verrat am Kampf gegen den Imperialismus und für den Sozialismus.
In vielen Gesprächen gab es durchaus kritische Meinungen zu der Ausrichtung des Ratschlags. Einige Teilnehmer sind an Zusammenarbeit mit der „Neuen Friedensbewegung gegen Faschismus und Krieg“ interessiert und viele nahmen die Einladung zur Strategiedebatte am 14. Januar mit. Dieser Ratschlag belegt, dass es dringend nötig ist, eine neue Friedensbewegung aufzubauen und dass dazu die Strategiedebatte und Podiumsdiskussion am 14. Januar in Berlin genau richtig kommt. Die Hauptkräfte der neuen Friedensbewegung werden aus den Betrieben und aus der Jugend kommen. Dabei kämpft die neue Friedensbewegung um alle, die die Notwendigkeit sehen, sich konsequent gegen alle Imperialisten zu wenden.