Redebeitrag auf Demo in Duisburg am 17. Dezember

Redebeitrag auf Demo in Duisburg am 17. Dezember

Die Kritik der MLPD am demokratischen Konföderalismus diskutieren, WEIL der (kurdische) Befreiungskampf gestärkt werden muss

Diesen Redebeitrag hielt Gabi Fechtner auf der Demonstration des Bündnisses aus ICOR Europa und der Vereinten Revolutionären Bewegung der Völker (HDBH) am 17.12.2022 in Duisburg.

Die Kritik der MLPD am demokratischen Konföderalismus diskutieren, WEIL der (kurdische) Befreiungskampf gestärkt werden muss
(rf-foto)

Im Namen der MLPD überbringe ich die Solidarität gegen die Giftgasangriffe und kriegerischen Attacken des türkischen Faschismus gegen den kurdischen Befreiungskampf und das kurdische Volk.

 

Diese Kriegsführung findet statt im Rahmen einer beschleunigten Destabilisierung des imperialistischen Weltsystems. Erdogan hat sein Vorgehen auf dem G20-Gipfel mit den anderen führenden Imperialisten und der NATO ausgehandelt. Mit dem Ukraine-Krieg entwickelte sich eine akute Gefahr zu einem Dritten Weltkrieg, der auch ein Atomkrieg wäre. Auch in den Überfällen auf Nord-Syrien/Rojava treffen mit dem türkischen Imperialismus - und damit der NATO - und der syrischen Armee, die eng mit dem russischen Imperialismus verbunden ist, Imperialisten unmittelbar aufeinander, was diese Weltkriegsgefahr verschärft.

 

Mit dieser Situation einher geht eine Verschärfung der Repression nach innen, in der Erdogan seine faschistischen Maßnahmen gegen Arbeiterstreiks, die kämpferische Frauenbewegung und das kurdische Volk weiter ausbaut.

 

Aber: so aggressiv und mächtig, wie sie wirken, so sind ihre Maßnahmen aus der Defensive heraus gerichtet. Es ist die Angst vor den unbeugsamen, auch bewaffneten Kämpferinnen und Kämpfern des kurdischen Volkes, die Angst davor, dass sich ähnlich wie beim Überfall des IS auf Kobane eine weltweite, Millionen umfassende Solidaritätsbewegung entwickelt, die Angst vor der internationalen Arbeitereinheit und einem Zusammenschluss der Revolutionäre auf der Welt. Zerstört werden soll mit Rojava das Projekt der demokratischen Selbstverwaltung, das fortschrittlichste Projekt im Nahen Osten - der gleichberechtigten Zusammenarbeit der Ethnien, von Mann und Frau, mit demokratischen und ökologischen Grundsätzen.

 

Es hat in dieser Situation sehr große Bedeutung, dass wir heute hier zusammenarbeiten und darüber hinaus sogar eine organisierte Zusammenarbeit, ein Bündnis zwischen ICOR Europa und HDBH vereinbart haben. Das ist seit den ICOR-Brigaden 2015 in Kobane, an denen ich beim Aufbau des Gesundheitszentrums teilnehmen konnte, der wichtigste Fortschritt im Zusammenschluss zwischen der kurdischen Bewegung und der revolutionären Weltbewegung! Das ist der Weg, wie wir eine Überlegenheit gegen diese reaktionären Kräfte herstellen können.

 

Das ermöglicht uns auch, die dringend nötige Strategiediskussion zu führen, welche Perspektive dieser Kampf hat:

 

  1. Darüber, dass die Türkei ein imperialistisches Land ist. Was ist es anderes, wenn ein Land nicht nur seine eigene Arbeiterklasse, das eigene Volk unterdrückt, sondern nach neuen und erweiterten Territorien trachtet, dafür Kriege führt und mittels Kapitalexport in anderen Ländern Arbeiter ausbeutet?

  2. Was ist die Perspektive unseres Kampfes, und auch des kurdischen Befreiungskampfes? Viele von euch wissen, dass die MLPD ein Buch herausgegeben hat, das sich auch dazu positioniert: „Die Krise der bürgerlichen Ideologie und des Opportunismus“. Es hat für Furore gesorgt und manche waren auch etwas verärgert darüber, weil wir darin auch eine Kritik entwickelt haben an der Theorie des demokratischen Konföderalismus. Wir folgen damit dem Aufruf von Abdullah Öcalans, der sagte, wir müssen diskutieren über die Strategie des demokratischen Konföderalismus. Die MLPD hat ihre Position dargelegt, gerade um uns einig zu werden, um voran zu kommen, um unseren Kampf zu verstärken. Deshalb versteht dieses Buch nicht als Angriff oder als etwas, was uns spaltet, sondern als etwas, was uns weiterbringt und das unsere Einheit verstärken wird. Wir sind der Meinung, dass man die Lehren aus der revolutionären Arbeiterbewegung ziehen muss, dass es grundlegend ist, dass man einen bürgerlichen Staatsapparat zerschlagen muss, ihn im Sozialismus neu aufbauen muss, dass man eine sozialistische Revolution vollenden muss und nicht bei einer demokratischen Revolution stehen bleiben kann. Es ist eine Illusion, zu meinen, man könnte im Rahmen eines bürgerlichen Staates demokratisch-konföderale befreite Gebiete aufbauen. Das ist die Diskussion, die wir führen müssen. Wir sehen die Zukunft im Sozialismus, der Schlussfolgerungen aus dem Verrat am Sozialismus gezogen hat. Nicht infrage kommt, uns vom Antikommunismus dahin drängen zu lassen, von diesem Ziel des Sozialismus abzugeben. Es führt in die Niederlage, grundlegende Lehren der revolutionären Arbeiterbewegung zu negieren.

  3. Müssen wir diskutieren darüber, wer die Verbündeten des kurdischen Befreiungskampfes sind. Dieser Kampf kann nicht als nationalistischer Kampf von rein kurdischen Interessen ausgehend erfolgreich sein. Er hat seine Verbündeten in der fortschrittlichen demokratischen und revolutionären Bewegung der Welt, die ICOR repräsentiert das schlagkräftigste und stärkste Bündnis mit über 50 Organisationen in 40 Ländern. Ihre Verbündeten sind nicht in bürgerlichen Regierungen oder Parteien, wie es eine Zeit lang in Teilen der Solidaritäts- und kurdischen Bewegung die Auffassung gab. Einige Jahre sprachen auf den kurdischen Demonstrationen Vertreter von SPD und Grünen, die heute an der Regierung sind. Seither wurden die Prozesse nach Paragraf 129 A und B gegen kurdische Aktivisten sogar noch ausgeweitet und verschärft. Auf eine Anfrage an das Außenministerium der Grünen-Ministerin Baerbock, ob nicht die Angriffe Erdogans auf kurdische Gebiete verurteilt werden müssen, antwortete dieses, dass es ja nur um eine besondere Operation gegen Terroristen ginge … Damit wurde die konterrevolutionäre und antikommunistische Hetze gegen den kurdischen Befreiungskampf übernommen. Auf solche Leute ist kein Verlass! Der Opportunismus dieser Leute, sich mit dem Kapitalismus auszusöhnen, bringt einen vielleicht in Regierungsämter, aber für jeden, der um eine befreite Gesellschaft kämpft, ist es der falsche Weg!

 

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