Berlin
Internet für Häftlinge: Kein "Luxus"
2021 hatte die rot-rot-grüne Landesregierung Berlins beschlossen, Häftlingen eingeschränkt Internetzugang zu gewähren. Angeblich geht es um Resozialisierung, die bürgerlichen Oppositionsparteien kritisieren „unnötigen Luxus“. In jedem Fall ist es ein weiterer Schritt der privatwirtschaftlichen Ausbeutung der Häftlinge.
Mit 70 Zellen im Frauen-Gefängnis Lichtenberg wurde am 1. Dezember 2022 jetzt der Angfang gemacht. Justizsenatorin Lena Kreck (Die Linke) spricht von Resozialisierung, die "bedeutet, sich auf ein Leben in Freiheit einzurichten". Derzeit werde im Vollzug "die Angleichung zwischen draußen und drinnen" in Bezug auf die Digitalisierung nicht realisiert.
Dabei können die Häftlinge nur ein Antragssystem, das der Justizerwaltung Papierkram sparen soll, einige „ausgewählte“ Webseiten und Online-Bibliotheken kostenfrei nutzen. Das nennt Alexander Herrmann, rechtspolitischer Sprecher der CDU, „ein Luxusprojekt" und behauptet, mit Internet würde die präventiv-abschreckende Wirkung des Strafvollzugs untergraben.
Internet in Gefängnissen ist Ländersache
Dementsprechend unterschiedlich ist die Praxis.
In sechs bayerischen Gefängnissen konnten Häftlinge auf die Website der Bundesagentur für Arbeit zugreifen, manche Gefangene aus Bayern oder Brandenburg können ein Online-Fernstudium absolvieren. An der JVA Herford/NRW wurden versuchsweise mehrere Touchscreen-Computer aufgestellt. In Baden-Württemberg konnten Gefangene seit Beginn der Corona-Pandemie Videotelefonate führen.
Für diesen „Luxus“ zahlen die Gefangenen
Jedenfalls ist das Berliner Modell auch ein weiterer Schritt der Ausbeutung der Häftlinge durch die Privatwirtschaft. Die Kosten für das Projekt sollen vollständig durch sie finanziert werden. Nützliche Funktionen sind folglich kostenpflichtig: Telefon, Videochat, Fernsehen, Radio, Emails, Office-Programme, Computerspiele können nur genutzt werden, wenn die Häftlinge einen Vertrag mit Telio Communications GmbH abschließen.
An die Firma, Gewinner der Ausschreibung von 2021, zahlen Gefangene entweder einmalig oder in einem Abonnement.
Für Preise nannte die Verwaltung nur wenige Beispiele: TV-Zugang monatlich 13,95 Euro, Telefonieren ins Festnetz 3 Cent pro Minute, Videotelefonie 20 Cent pro Minute. Flatrates gibt es nicht.
Und das ist viel Geld für Häftlinge, die zwar zur Arbeit verpflichtet sind, aber nur 250 bis 300 Euro im Monat „verdienen“, von dem sie wiederum nur einen kleinen Teil „frei“ verwenden dürfen. Die Vermittlung von Häftlingen an Firmen organisiert die Arbeitsagentur Berlin mit einer eigenen Abteilung.
Wer nicht arbeiten kann, bekommt nur 40 Euro Taschengeld im Monat.