Solingen – Firma Borbet

Solingen – Firma Borbet

„Wir wollen unsere Arbeitsplätze zurück!“

Am dritten Tag der „Mahnwache“ vor dem Betriebstor der Firma Borbet verdoppelte sich die Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf weit über 100: Mehr Frauen und Kinder, Betriebsräte, alle drei IG-Metall-Sekretäre, Kollegen aus anderen Betrieben, Landtags- und Bundestagsabgeordnete der SPD.

Von cg
„Wir wollen unsere Arbeitsplätze zurück!“
Protest und Beratung vor dem Betriebstor von Borbet in Solingen. Was die junge Frau sagt, steht im Artikel! (rf-foto)

Rote Fahne News berichtete am 27. Dezember.

 

Auch die Presse war da und berichtete (Solinger Tageblatt, WDR-Lokalzeit Bergisch Land vom 28.12.2022). Und natürlich auch die MLPD, die seit über 30 Jahre hier vertreten und verankert ist. Die Belegschaft beginnt, den Schock über die bewusst kurzfristige Benachrichtigung der Werkschließung zum 31. Dezember 2022 zu verarbeiten: Mit selbstständiger Initiative, Stolz und Kampfbereitschaft. Sichtbar auch an den  kämpferischen selbstgemalten Schildern wie „Tolles Weihnachtsfest – 600 Familien ohne Lohn und Brot“, „Borbet-Schließung stoppen!“ „Arbeit und Zukunft“.

 

Die MLPD stellte ihre Verstärkeranlage zur Verfügung. Der IG-Metall-Sekretär beglückwünschte die Kollegen zur Aktivität und versprach Solidarität bis zum letzten Augenblick. Dass sie zu diesen Aktivitäten bisher nichts beigetragen hatten, verschwieg er tunlichst. Ein junges Mädchen prangerte Borbet an: "Das betrifft auch uns Junge. Mein Papa wird jetzt arbeitslos. Da wir nicht wissen, was er im nächsten Jahr verdienen kann, kann ich jetzt nicht wie geplant meine Ausbildung anfangen. Denn ich muss auf jeden Fall jetzt arbeiten gehen, um meine Familie zu unterstützen. Es müssen noch viel mehr Jugendliche und Kinder beim nächsten Mal da sein. Denn wir sind alle betroffen. Bringt  alle eure Kinder und Jugendliche mit!"

 

Die Solidaritätserklärung der MLPD wurde von allen genommen. Leider hatten wir nicht genug dabei. Für die MLPD sprach Christoph Gärtner. Zuerst griff er die verbreitete Stimmungsmache an, die Kollegen seien selbst schuld, weil sie sich nicht einig geworden seien: „Nein, euer Hauptgegner ist der Kapitalismus - konkret in Form der Borbet-Familie! Sie hat euch über Jahre bis aufs äußerste ausgepresst und will euch jetzt den Tritt geben. Ihr habt Jahrzehnte mit schwerster körperliche Arbeit deren Profite erwirtschaftet. Ein Kollege erzählte mir gerade, dass ihm beim tausendfachsten Anheben von 22-Zoll-Felgen der Bizeps gerissen sei. Ihr seid seit Jahrzehnten eine mutige kämpferische Belegschaft mit jahrelang auch kämpferischen Betriebsräten. Ihr habt vergleichsweise gute Schichtmodelle und Tarife erkämpft. Daher seid ihr Borbet ein Dorn im Auge und sollt zerstört werden.

 

Erst ließen sie im Jahr 2020 den kämpferischen Betriebsrat auflösen. Ein Skandal auch der bürgerlichen Gerichte, die sich voll auf die Seite der Geschäftsleitung gegen euch stellten! Jetzt wollen sie nach offensichtlich lang geplanter Taktik euch als gesamte kämpferische Belegschaft rausschmeißen. Ihr Ziel: Im Borbet-Konzern soll nur noch für Billiglohn gearbeitet werden. Dagegen habt ihr zu Recht jahrelang gekämpft. Die letzten Wochen haben sie noch das letzte aus euch rausgequetscht und über 200.000 Felgen produzieren lassen, die auf Lager liegen. Die wollen sie jetzt durch Verkauf versilbern. Kollegen, damit habt ihr eine Waffe in der Hand: nämlich zu verhindern, dass diese Felgen und auch die Maschinen und Anlagen das Werk verlassen! Dabei könnt ihr von den Opel-Kollegen in Bochum lernen: Die haben vor 18 Jahren bei einer ähnlichen Nachricht sieben Tage lang selbstständig gestreikt und kein Material raus- und reingelassen. Damit haben sie den Betrieb immerhin zehn Jahre länger erhalten. Die MLPD hat diesen Streik nach Kräften unterstützt und hat das Know-how, wie man so was macht. Deshalb fordere ich euch auf, euch enger mit der MLPD zusammenzuschließen und Mitglied zu werden. Nur mit einer revolutionären Partei kann dieses kapitalistische System, das euch wie den letzten Dreck behandelt, überwunden werden. Die Alternative kann und muss eine sozialistische Gesellschaft sein, in der die Arbeiter die Macht haben. Meines Erachtens brauchen wir auch eine große machtvolle Demonstration mitten in Solingen, wo dieser Skandal bekannt gemacht wird, und euer Kampf um jeden Arbeitsplatz zweifellos weitere Solidarität finden wird.“

 

Angesichts der spürbar wachsenden Aktivität wurde eine Kommission von zehn Kollegen gebildet, die die weiteren Aktionen planen soll. Für Donnerstag und Freitag wurden weitere Treffen, je um 13 Uhr vereinbart und zur breiteren Unterstützung aufgerufen. Solidaritätsadressen an IG Metall Remscheid-Solingen, www.igmrsg.de/kontakt mit der Bitte um Kopie an redaktion@rf-news.de und bergisch-land@mlpd.de.