Engagierte sich gegen Antikommunismus
Zum Tod von Heinrich Hannover
Der fortschrittliche, kämpferische Rechtsanwalt und Buchautor Heinrich Hannover ist nach einem beinah ein Jahrhundert währenden Leben am 14. Januar 2023 gestorben.
1954 vertrat er als Pflichtverteidiger einen Kommunisten. Er erlebte, wie sich Polizei und Staatsanwaltschaft gegen den Mann verschworen, der von einem Polizeibeamten schwer verletzt worden war. Verurteilt wurde der Kommunist, nicht der Polizist. Das hinterließ bei Heinrich Hannover einen prägenden Eindruck.
Er war ein engagierter Antifaschist und wandte sich entschieden dagegen, dass Richter, Staatsanwälte und weitere Juristen in der BRD eingesetzt wurden, ohne dass sie ihre Vergangenheit im Hitlerfaschismus aufgearbeitet hatten. Im Thälmann-Prozess vor dem Landgericht Krefeld vertrat er 1986 die Tochter des im KZ Buchenwald ermordeten Ernst Thälmann gegen den mutmaßlichen Täter. Es kam zu einem der wenigen Urteile gegen einen der faschistischen Schergen und im Gericht gab es ausgiebigen Applaus. Hannover musste sich zweimal vor dem Ehrengericht der Bremer Anwaltschaft verantworten, wegen zu kritischer, angeblich standeswidriger Reden vor Gericht. Weil er Ulrike Meinhof verteidigte, wurde er von reaktionären Juristen "Terroristenanwalt" genannt. Beim NSU-Prozess, den er aus der Ferne verfolgte, war er empört über die Verstrickungen des Staatsapparats. Er schrieb an die Süddeutsche Zeitung: "Ist es wirklich zu glauben, dass eine zum Schutz der Verfassung und zur Aufklärung von Straftaten zuständige Behörde nichts davon gemerkt hat, dass es diese Mörderbande gab?“
Auf der Leipziger Buchmesse 2018 stellte Heinrich Hannover sein Buch vor: "Die Republik vor Gericht. 1954 bis 1995: Erinnerungen eines unbequemen Rechtswanwalts." Er gehörte zu den Erstunterzeichnern des Aufrufs "Gib Antikommunismus keine Chance!"
Heinrich Hannover war ein humorvoller, vielseitig interessierter, kinderlieber Mensch. Für seine sechs Kinder und zahlreichen Enkelinnen und Enkel schrieb er 17 Kinderbücher. Einem Journalisten sagte er einmal: "Ich werde in meinem Beruf tagsüber so viele Aggressionen los, dass ich abends ein netter Mensch sein kann."