Erdölarbeiter sind mächtige Kraft

Erdölarbeiter sind mächtige Kraft

Massenstreiks im Iran haben zunehmend politischen Charakter

"Rote Fahne News" berichtete am Mittwoch, dem 18. Januar 2023, über den Streik von zehntausenden Öl-Arbeitern seit dem 17. Januar.

Von jg
Massenstreiks im Iran haben zunehmend politischen Charakter

Die Erdölarbeiter sind eine mächtige Kraft im Iran Sie haben vor über 40 Jahren das faschistische Schah-Regime mit ihrem über drei Monate andauernden Streik gestürzt. Etwa 1 Million Beschäftigte sind heute in der Erdöl- und Erdgasindustrie beschäftigt. Bis zu 100.000 beteiligen sich an den gegenwärtigen Streiks. Die Streiks treffen das faschistische Regime wirtschaftlich aber vor allem auch politisch!

 

In den zurückliegenden vier Monaten gab es eine bedeutende Entwicklung, in der mehr und mehr Kerntruppen der Arbeiterschaft im Iran Streiks organisierten. Neben den Erdöl- und Erdgasarbeitern waren und sind es  v.a.  die Stahlbelegschaften, Automobilarbeiter, Beschäftigte der zuckerverarbeitenden Industrie und Transportarbeiter. Über die Situation in der großen Rüstungsindustrie dringen wenig Informationen nach außen!

 

In den Kämpfen und Streiks werden mehr und mehr politische Forderungen aufgestellt. So heißt es in einer Erklärung der unabhängigen Gewerkschaft der Zuckerverarbeitung Haft Tape Sugarcane Workers Union (Koordinierungsausschuss) vom November 2022: "Dass es notwendig ist, das Recht auf Lebensunterhalt und angemessene Löhne für ein menschenwürdiges Leben zu erkämpfen.“ Und weiter heißt es: "Wir fordern die bedingungslose Freilassung aller Gefangenen und Verhafteten. Wir sind gegen Raketenabschüsse, Kriegstreiberei und das Schüren von Krisen in der Region Kurdistan.“  Und sie gedenken in dieser Erklärung vom 25. November all derer, "die ihr Leben auf dem Weg der Freiheit und Gleichheit geopfert haben, um eine Welt ohne Unterdrückung und Ausbeutung zu erreichen." (Union der Zuckerrohrarbeiter)

 

Die Situation für die Arbeiter, Frauen, Rentner, Kinder, Jugendliche, Studenten hat sich in den zurückliegenden Monaten weiter verschlechtert. Die Inflation hat selbst nach offiziellen Angaben 2022 die 50 %-Marke längst überschritten. Lebensmittelpreise wie für Nudeln und Reis haben sich verdreifacht. Während der Iran weltweit zu den größten Exporteuren bei Gas und Öl gehört und über  die zweitgrößten Gasreserven der Welt verfügt, frieren Millionen Menschen im Iran, weil sie die Kosten für Heizung und Wärme nicht bezahlen können! Sogar Behörden und Schulen werden abwechselnd geschlossen. Nach Angaben iranischer Revolutionäre leben derzeit 30 Millionen Iraner an der Armutsgrenze (der Iran hat ca. 84 Million Einwohner). Das Ausmaß an Armut, Hunger, Wohnungsnot hat für Millionen Menschen ein bisher nicht gekanntes Maß erreicht. Hier treibt das menschenverachtende Regime eine bewusste Spaltung, indem in den letzten Wochen für die ca. 3 Millionen Beschäftigte im öffentlichen Dienst Löhne erhöht wurden. Gleichzeitig bleibt für die Masse der Rentner trotz jahrzehntelanger Einzahlungen in die Versicherung  Armut und Hunger.

 

Die Umweltzerstörung erreicht im Iran kaum vorstellbare Ausmaße. Teheran mit seinen ca. 14 Millionen Einwohnern wird weltweit als die am stärksten von Luftverschmutzung betroffene Stadt der Welt betrachtet.

Freiheit, Freiheit, Freiheit!

In der Resolution vom Dezember 22 positionieren sich die Erdölarbeiter immer deutlicher für grundlegende Forderungen. So heißt es in der Resolution: "Freiheit, Freiheit, Freiheit ist unser Slogan und wir fordern die sofortige und bedingungslose Freilassung aller inhaftierten, aller Menschen, die wegen ihres Glaubens und ihrer Proteste im Gefängnis sind.“ Mit verschiedenen Forderungen nehmen die Arbeiter den Kampf um demokratische Rechte und Freiheiten auf: "Protest-, Versammlungs-, Streik-, Demonstrations- und bedingungslose Meinungs- und Gedankenfreiheit sind die Grundrechte unseres Volkes und sollen bedingungslos anerkannt werden."

 

Es wird "Frauenleben in Freiheit" gefordert und dass alle Todesurteile sofort und unverzüglich widerrufen werden. In den Streiks entwickeln sich Forderungen an eine demokratische Gesellschaft: "Wir wollen gleiche Rechte für alle Bürgerinnen und Bürger des Landes unabhängig von Weltanschauung und Religion, ethnischer Zugehörigkeit, Geschlecht, sexueller Orientierung." In der gegenwärtigen Auseinandersetzung entwickeln die Streikenden damit mehr und mehr Vorstellungen und Anforderungen an eine zukünftige Gesellschaft: "Unser Wunsch ist die kollektive Verwaltung der Gesellschaft."

 

Hier besteht eine große Aufgabe der kommunistischen Kräfte, den wissenschaftlichen Sozialismus weiter zu verankern und damit Klarheit über die Perspektive der Kämpfe zu schaffen. Die MLPD unterstützt dies verstärkt durch die weitere Übersetzung, Herausgabe und den Vertrieb von Büchern ihrer ideologisch-politischen Linie auf Farsi.

Wichtige Phase der  Auswertung

Auch wenn die Massendemonstrationen seit Jahresbeginn merklich nachgelassen haben, so bedeutet dies allenfalls eine Atempause für das faschistische Regime. Die mächtigen Arbeiterstreiks und  anhaltenden Kämpfe der Rentner haben in den Nachbarschafts-und Jugendkomitees neue Formen der Organisiertheit und Solidarität gefunden. Die von der revolutionären Weltorganisation ICOR beschlossene Solidaritätskampagne mit dem iranischen Massenaufstand regt an, dass wichtige Fragen der Revolution, ihrer Zielsetzung, aber auch zum Charakter des Iran diskutiert und geklärt werden. Die Rote Fahne freut sich über Beiträge zur Position der MLPD zum neuimperialistischen Charakter des Iran und der Notwendigkeit einer antifaschistischen, neudemokratischen Revolution auf dem Weg zum Sozialismus.